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Beiträge: Sing Sing Sing im Konzerthaus

geschrieben von: Redaktion am 19.08.2009, 09:56 Uhr
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Am 30. Mai wäre der King of Swing, Benny Goodmann (1909-1986), 100 Jahre alt geworden. Da kann auch Young Euro Classic gratulieren.
Das geschah in einem „Tribute“ des Komponisten Helmut Hödl, der gemeinsam mit Rupert Frankhausen, Hubert Salmhofer und Wolfgang Kornberger die „Vienna Clarinet Connection“ bildet. Wer sich von dem Werk für Klarinettenquartett und großem Orchester erhofft hatte, „Sing Sing Sing“ mitsingen zu können, wurde enttäuscht. Ohne Frage, eine tolle Leistung des Klarinettenquartetts und des Wiener Jeunesse Orchesters aus Österreich, mich hat das Stück jedoch nicht in seinen Bann gezogen, teilweise zu schräg und zu wenig Benny Goodman. Dem Publikum scheint es aber gefallen zu haben, der Applaus war kräftig und lang anhaltend.

Sehen wir einmal von der YEC-Hymne ab, die stets zu Beginn eines Konzert gespielt wird, und für diejenigen, die sie fast jeden Abend ertragen müssen, immer belastender wird, so war das erste richtig große Werk des Abends die Suite aus „Candide“ von Leonard Bernstein (1918-1990)

Wer Bernstein kennt, kennt die Musik seiner West-Side-Story. Die Kompositionen Bernsteins sind kraft- und schwungvoll, einfach gute Musik. Und die Darbietung des jungen österreichischen Orchesters unter Leitung von Herbert Böck war ein Hörgenuss erster Klasse. Spannend ist aber immer auch ein Blick auf die Entstehung eines Werkes. Und dazu sind Programmhefte da, die man bei YEC für einen Euro erwerben kann, ein sehr fairer Preis.

Und so erfahren wir: „Candide nach der gleichnamigen Komödie Voltaires ist das dritte Bühnenwerk Leonard Bernsteins, und es ist jenes, das ihn beinahe lebenslang beschäftigte. Die ‚Comic Operetta’, wie sie bei ihrer Premiere, 1956 in Brooklyn, benannt wurde, hat mehrere Varianten durchlaufen. Es begann schon 1956 mit einer Bearbeitung für den Broadway, die Bernstein trotz der 73 Vorstellungen als Misserfolg verbuchte. 17 Jahre später lieferte ihm Hugh Wheeler ein neues Textbuch, woraus die„Opera House Version" von 1982 wurde. Für die Scottish Opera entstand 1988 die dritte Fassung - auf Wunsch des Komponisten ‚mit noch mehr Voltaire’. Aber auch sie genügte ihm nicht. Erst die konzertante Aufführung am 13. Dezember 1989 im Londoner Barbican Centre, nun mit eigenem, in Zusammenarbeit mit John Wells geschriebenem Text, konnte ihn zufrieden stellen. Endlich war die volle Harmonie von absurdem, ironisch-trockenem Wortwitz, Musik und Interpretation erreicht.

Voltaires Candide ist ein Optimist wider alle Vernunft – ‚ou l'Optimisme’ lautet der zweite Teil des Titels -, der sich trotz diverser Katastrophen bis kurz vor seinem Ende nicht von der Gutgläubigkeit abbringen lässt. Die Figur des Candide übte auf Bernstein einen großen Reiz aus - verständlicherweise, konnte er doch darin sein eigenes Spiegelbild erkennen. Überhaupt teilte er die Maximen des Franzosen: gegen Intoleranz und Tyrannei aufzutreten, sich an den Werten Gedankenfreiheit und Würde des Menschen zu orientieren. Und seine Candide-Musik verstand Bernstein als ‚Liebeserklärung an die europäische Musik’.

Die aus dem abendfüllenden Bühnenwerk zusammengestellte Orchester-Suite streift - nach der auch als Einzelstück bekannten Ouvertüre - durch die wichtigsten instrumentalen und vokalen Highlights, darunter das Quintett ‚The Best Of All Possible Worlds’, das Duett ‚Oh Happy We’ und das Sextett ‚Make Our Garden Grow’.“

Aus dem Text wird deutlich, dass es sehr schwer war, Bernstein zufrieden zu stellen. Vor vielen vielen Jahren hatte ich das große Vergnügen, ihm bei einer Orchesterprobe in der Berliner Philharmonie zuhören zu dürfen. Unglaublich. Das Orchester schwitzte ob der Anstrengung, immer wieder musste es kleine Teile des Werkes wiederholen, bis es dem Meister gefiel. Die Anstrengung hat sich natürlich gelohnt.

Nach der Pause stand im zweiten Teil die achte Symphonie von Antonin Dvořák auf dem Programm. Regelmäßige Leserinnen und Leser der YEC-Berichterstattung erinnern sich vielleicht an das traumhafte Konzert der jungen Südafrikaner (MIAGI) vom letzten Freitag, als die neunte „Aus der neuen Welt“ gespielt wurde. paperpress-Chefredakteur schickte per E-Mail die Ausgabe an Alexei nach Südafrika. Als Alexei und seine Freunde fotografiert wurden, sagte Alexei „Aber bitte für die Titelseite“, was ihm Chris Landmann zusagte. Hier seine Mail, die – trotz in Englisch – man sicherlich leicht verstehen kann.

“Dear Alexei, as promised Friday night you, Marlon and Giovanni are on the front page of our special edition about the concert. As I told you already, you and your friends from the orchestra and the big band were fabulous. It was fantastic listening to you and the music you played. You are wonderful embassadors of South Africa and we will keep Friday evening in very good memory. You showed the Berlin audience that music brings everyone together. You and all of MIAGI can be proud of what you have achieved. The article about the concert is only in German, maybe you have someone who can translate it for you. It was great getting to know you. Take care and keep on playing with the enthusiasm and fun we saw Friday night. With best regards from Berlin.” Schon einen Tag nach dem Konzert reiste das Orchester zurück nach Südafrika. Alexei, kaum zu Hause angekommen, und schon die E-Mails gecheckt, antwortete prompt: “Dear Chris, Thanks very much for your email and compliments! We really enjoyed our trip to Germany and Berlin - the Konzerthaus was fantastic and the way the audience responded was also great. I hope we get to go to Germany again next year! Alexei.” Aus gut unterrichteten Kreisen des Sponsors, der KfW-Bankengruppe, haben wir gehört: “Das kriegen wir hin!” Also auf ein Wiedersehen in Berlin 2010, wenn Young Euro Classic wirklich zehn Jahre alt wird, beim elften Festival, um das an dieser Stelle auch noch mal klarzustellen.

Nun also am 18. August die achte Symphonie von Antonin Dvořák mit dem Wiener Jeunesse Orchester. Ein wunderbarer Ausklang dieses Konzertabends. Was zu der achten Symphonie zu sagen ist, teilt uns Helge Jung im Programmheft mit.

„Seine Landsleute schätzen sie als ‚die tschechischste’ aller neun Symphonien. Kein Wunder, denn überall erklingt als cantus firmus der Unterton böhmischer Melodien. Und: sie erzählt von der Schönheit des Sommermorgens, reflektiert die Stimmung, die den Komponisten auf seinem Sommersitz Vysokä umgab. Zur vorangegangenen 7. Symphonie, der „Pathetique", bietet sie die Lösung der dort angestauten Spannungen. Dem entsprechen all ihre Besonderheiten: die klug dosierten ‚Regelwidrigkeiten’; die lyrische Selbstvergessenheit, die diatonische Schlichtheit der Themen und der kammermusikalisch aufgelockerte Orchesterklang. Die Melodieführung weist unverkennbar auf Gustav Mahler voraus, auf Dvořáks Verehrer und sachkundigen Interpreten: Es ist eine Lied-Symphonie ohne Worte. Dvořáks künstlerisches Credo, einige Jahre später in einem Artikel der Vossischen Zeitung geäußert, lautet ‚Natürlichkeit und Anmuth’. Diese Achte liefert dafür den klingenden Beleg.

Ende der 1880er Jahre genoss der Komponist schon internationale Berühmtheit (die Berufung an das New Yorker Konservatorium im Jahre 1892 war lediglich der Gipfel aller empfangenen Ehrungen). Nach den großen und anspruchsvollen Werken ‚Die Geisterbraut’ und ‚Die heilige Ludmila’ durfte er sich eine Zeit der inneren Sammlung gönnen. Den Slawischen Tänzen stellt er eine zweite Reihe zur Seite, schreibt das freundliche A-Dur-Klavierquintett, nimmt seine halb vergessenen Jugendlieder revidierend zur Hand und widmet sich abermals etwas Großem, der Jakobiner-Oper, die 1889 in Prag uraufgeführt wird. Es war eine Zeit, in der ihm die Einfälle nur so zuflogen, wie er sagte. Die Skizzen zur G-Dur-Symphonie waren im September 1889 entworfen, am 8. November bereits schloss er die Partitur ab. Im Februar des nächsten Jahres dirigierte er die Uraufführung mit dem Orchester des Prager Nationaltheaters, im April begeisterte er damit die Londoner Zuhörer, und im November stellte er das Werk in Frankfurt am Main dem deutschen Publikum vor. Hans Richter, der im Januar 1890 die Wiener Erstaufführung dirigierte, versicherte, Dvořák, alle, die Musiker und das Publikum, hätten gespürt, ‚dass es sich um ein herrliches Werk handelt'. Dem kann man auch mehr als 100 Jahre später noch ohne zu zögern zustimmen.“

Auch an diesem Abend wurde das Publikum mit einer Zugabe vom Orchester belohnt. Der Pate des Abends, der Schauspieler Dietrich Mattausch, hatte schon im Jahr 2000 das Orchester, freilich mit anderen Mitgliedern, angesagt. Diesmal überraschte er mit einem Text von Georg Kreisler, der sich mit den erotischen Verbindungen der Musiker/innen zu ihren Instrumenten beschäftigt. Nicht ganz jugendfrei, aber äußerst amüsant.

Ed Koch

  
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