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Deutsch-Türkischer Diplomaten-Talk

geschrieben von: Redaktion am 06.09.2017, 07:31 Uhr
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Der Verein Berliner Kaufleute und Industrieller, VBKI, lud am 5. September den türkischen Botschafter Ali Kemal Aydin zum „Foreign Policy Lunch“ in den Capital Club am Gendarmenmarkt an. Das Gespräch leitete der gerade aus dem Amt geschiedene Protokollchef des Landes Berlin, Dr. Volker Pellet. Das gut einstündige Gespräch lässt sich mit dem Satz aus Goethes Faust: „Die Botschaft hör´ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube“, zusammenfassen. Ginge es nach ihm, würden die elf Deutschen, die ohne Anklage, teilweise seit über 200 Tagen in Untersuchungs-haft sitzen, frei kommen. Aber: die Türkei sei ein Rechtsstaat und die Justiz unabhängig. Außerdem bestehe der Ausnahmezustand, der seit dem miss-glückten Putsch vor einem Jahr regelmäßig verlängert werde. Und während eines Ausnahmezustands gelten halte andere Regeln. In Frankreich herrschte nach den Anschlägen schließlich auch ein Ausnahmezustand. Abenteuerliche Vergleiche dieser Art lieferte der Botschafter auch an anderer Stelle.

Nach dem Putsch sind zehntausende von Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes und der Justiz aus ihren Ämtern entfernt bzw. verhaftet worden. Auch nach der Wende in Deutschland sind viele, die vorher in Behörden der DDR arbeiteten, entlassen worden. Das war wohl so, im Gefängnis sitzt jedoch niemand. Und der Zusammenbruch des Sozialismus in der DDR hatte seinen Grund nicht in einen Putsch.

Für Ali Kemal Aydin steht zweifelsfrei fest, dass die „Gülen-Bewegung“ für den Putsch in der Türkei verantwortlich ist. Dafür gebe es eindeutige Beweise. Nur gesehen hat diese noch niemand. Die „Gülen-Bewegung“ sei eine Terrororganisation, und jeder, der mir ihr in Berührung käme, habe ein Problem. Kein Tourist muss sich jedoch vor einem Türkei-Besuch fürchten. Die elf inhaftierten Deutschen seien keine Touristen, sondern stehen unter Terrorverdacht, ohne dass dieser bisher in einer Anklage-schrift den Betroffenen vorgelegt wurde. Herr Aydin blieb aber dabei, dass dies rechtsstaatlich sei.

Warum ist das deutsch-türkische Verhältnis so schlecht? Alles begann mit der Armenien-Resolution des Deutschen Bundestages. „Trotz heftiger Proteste der türkischen Führung sowie türkischer Verbände in Deutschland hat der Bundestag am Donnerstag, 2. Juni 2016, mit breiter Mehrheit einen gemeinsamen Antrag von Union, SPD und Grünen (18/8613) beschlossen, in der die Massentötung von Hunderttausenden Armeniern im Osmanischen Reich als Völkermord eingestuft wird. Insgesamt gab es nur eine Gegenstimme und eine Enthaltung“, heißt es in einer offiziellen Mitteilung des Deutschen Bundestages. Gut einen Monat später, am 15. und 16. Juli 2016, putschten Teile des türkischen Militärs gegen Staatschef Erdogan. Die Türken seien sehr enttäuscht darüber gewesen, dass Deutschland den Putsch nicht verurteilt habe. Groß Britannien, zum Beispiel, entsandte sofort seinen EU-Botschafter nach Ankara, um die Solidarität der britischen Regierung zu überbringen. 240 Tote und über 2.000 Verletzte waren die Opfer des Putschversuchs, unter dem die Türkei noch heute leide. Die Armenienresolution, die mangelnde Zuneigung nach dem Putsch, das Auftrittsverbot türkischer Politiker in Deutschland, die für das Verfassungsreferendum werben wollten, sind offenbar die Gründe dafür, dass Deutschland geradezu kübelweise mit Nazibeschimpfungen überzogen wurde. Man habe einfach nur erwartet, dass Freunde, zu denen der Botschafter Deutschland immer noch zählt, sich stärker solidarisiert hätten.

Die Armenienresolution war richtig. Das Auftrittsverbot türkischer Politiker auch. Mehr Solidarität nach dem Putsch? Darüber sollte man vielleicht einmal nachdenken. All das rechtfertigt nicht die Inhaftierung von deutschen Staatsbürgern. Und das machten auch die Wirtschaftsvertreter des VBKI beim Gespräch mit dem Botschafter deutlich.

Im weiteren Verlauf des Gesprächs ging es um viele Zahlen. Um fünf Prozent sei die türkische Wirtschaft gewachsen, so der Botschafter. Ansiedlungen in der Türkei lehnten die Wirtschaftsvertreter gegenwärtig aber ab. Die Behauptung, der Tourismus liege am Boden, beantwortete der Botschafter mit den Worten, dass man nicht alles glauben solle, was in den Medien steht. Der Botschafter hofft, dass sich das Verhältnis nach der Bundestagswahl wieder bessere. Und ein Ratschlag zum Schluss: Wer in die Türkei reisen wolle, könne sich bei ihm vorher erkundigen, ob etwas gegen ihn vorläge. Das ist doch mal ein Angebot.

Ed Koch

  
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