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Beiträge: Ein ewiger Kampf ums Geld

geschrieben von: Redaktion am 29.04.2006, 16:50 Uhr
paperpress531 
Hintergrundbericht zur Tempelhofer Traditionsveranstaltung Rocktreff.
Ein ewiger Kampf ums Geld
Rocktreff ist nicht totzukriegen

Die Rocktreff-Crew steht in den Startlöchern. Pfingsten (3., 4. u. 5. Juni 2006) ist es wieder so weit. Im Fußballstadion des Volksparks Mariendorf findet der Rocktreff, laufende Nr. 23, statt. Andie Kraft (Bandbetreuung und Moderation), Andreas (Akü) Küttner (Ton), Christian Vogel (Radio-Möller-Bühne), Sven Perschmann (Licht), Ed Koch (Koordinator), Matze Schultze (Stage-Manager), Buddy von Budberg (Backstage/Finanzen), Peter Schoppe (Licht) und Tommi Müller (Rock-Ini-Präsi und Moderator), Ronny Werner (Platz), Katharina Chmielecki (Bandbetreuung), Matze Kraft (Radio-Möller-Bühne)).

In diesem Jahr gibt es wieder, wenn auch ein nicht so bedeutendes Jubiläum. Für Ed Koch, dem Veranstaltungskoordinator des Jugendamtes Tempelhof-Schöneberg, ist es der zehnte Rocktreff, für den er „von Amts wegen“ verantwortlich ist. Da der Titel „Mister Rocktreff“ seit Gründung der Veranstaltung Tommi Müller zusteht, begnügt sich Ed Koch gern mit der Bezeichnung „Koordinator“. „Das ist während der Veranstaltung ein recht entspannter Job“, gibt er zu. „Man sitzt Backstage oder läuft herum, begrüßt die Ehrengäste und Sponsoren, trinkt mit ihnen einen oder zwei, macht ein paar flotte Sprüche auf der Bühne und vertritt das Jugendamt.“ Die harte Arbeit beim Rocktreff, vom Aufbau bis zum Zusammenpacken, erledigen die Jungs und Mädels von der Rock-Ini – professionell wie seit 22 Jahren.

Und was macht der Koordinator? Zu Beginn seiner offiziellen Tätigkeit für den Rocktreff 1997, musste er erst einmal darum kämpfen, dass es die Veranstaltung überhaupt noch weiterhin gibt. Rückblick: 1984 gründete Jugendstadtrat Udo Keil den Rocktreff mit der Rock-Ini der Evangelischen Jugend Tempelhof. Alles begann im Fußballstadion des Volksparks Mariendorf, wo auch heute noch – bzw. wieder – die Veranstaltung stattfindet. Aus den sehr bescheidenen Anfängen wurde nach und nach ein großes Festival mit jeweils 20 Bands aus Berlin und „dem Rest der Republik“. Am 14. Dezember 1995 trat Dietrich Schippel die Nachfolge von Udo Keil (beide CDU) an. Zum 96er Rocktreff ließ sich der neue Stadtrat nicht sehen. Ed Koch erschien jedoch auf dem Hockeyfeld des Volksparks Mariendorf, gleich neben dem Fußballstadion. Von dort musste der Rocktreff umziehen, als ein neues Tribünenhaus gebaut wurde. Kochs Interesse an Rockmusik kommt nicht von ungefähr. 1965 lernte der damals 16-jährige an einer Handelsschule den Schlagzeuger der Amateurband „Selected Four“ aus Neukölln kennen. Eckhard Hohn, so hieß der Drummer, lud Ed Koch in den Übungsraum der Band ein. Es war ein Keller im Gemeindezentrum der dortigen Evangelischen Kirche.

Koch konnte weder singen noch musizieren, aber organisieren. Und schon nach wenigen Wochen hatte er Visitenkarten, auf denen zu lesen war, Manager der „Selected Four“. In einen kleinen, aber angesagten Jugendclub in Mariendorf, vermittelte er seine Band. „Jugendtanzbar Bungalow“ hieß der Laden. Das war 1967. Kurze Zeit später war Ed Koch ehrenamtlich für das Musikprogramm im Bungalow zuständig und legte zeitweise auch selbst Platten auf. Damals waren es wirklich noch Schallplatten. 1970 wurde er, nach abgeschlossener Lehre als Groß- und Außenhandelskaufmann, Leiter des Jugendclubs, und sah sich plötzlich als Mitarbeiter des Öffentlichen Dienstes bei einem Jugendamt beschäftigt. Vom ÖD hatte er ebenso wenig Ahnung wie von dem, was ein Jugendamt ist. „Ich habe zum Glück in meiner Jugend diese Behörde nicht gebraucht“, betont er heute. Dem „Showgeschäft“ blieb er treu, unzählige Veranstaltungen mit und ohne Musik organisierte er in amtlicher, viele aber auch ehrenamtlicher Funktion. 1996, als er zum Rocktreff stieß, war sein Interesse daran eher zwangsläufig. Und dass der Rocktreff im Keller eines Gemeindehauses zu Hause ist, ist eine Parallele zu den Anfängen.

Um 15 Uhr, am 25. August 1996, begann nicht nur der 13te Rocktreff, sondern auch der Regen. Der Himmel öffnete sich. Kurze Zeit später jedoch, verzog er sich und die Show nahm ihren Lauf. Einen Tag später, an derselben Stelle, lud das Jugendamt zu einem Spielfest ein. Warum, so die Überlegung, kann man beide Veranstaltungen nicht zu einer machen? Das würde bedeuten, zwei Tage Spielfest und zwei Tage Rocktreff. So sollte es 1997 geschehen. Der damalige Jugendamtskoordinator Michael Heß, hatte angekündigt, dass der 13te sein letzter Rocktreff sei. Es gab keinen Nachfolger. Das entstandene Vakuum versuchten Mitarbeiter des Jugendamtes, die die Veranstaltung nicht mochten, auszunutzen.

1997 überstürzten sich die Ereignisse. Die Gegner des Rocktreffs im Jugendamt hatten erreicht, dass Stadtrat Schippel wegen „Geldknappheit“ den Rocktreff absagte. Er hatte sich jedoch von den falschen Leuten beraten lassen, einen Fehler, den er später allerdings mehr als wieder gutmachte. Ed Koch zog alle Register, um den Untergang des Rocktreffs zu verhindern. Unterstützt wurde er dabei natürlich von der Rock-Ini und der Arbeitsgemeinschaft Jugend in Tempelhof e.V. mit ihrem Vorsitzenden Uwe Januszewski – inzwischen Vorsitzender des Hauptpersonalrats in Berlin – vor allem aber vom Jugendhilfeausschuss. Dieser beschloss, dass die Veranstaltung weiterhin stattzufinden habe, mit den Stimmen aus allen Parteien, auch der des Stadtrates.

Dietrich Schippel fügte sich ins Unvermeidliche und bereute diesen Schritt bis heute nicht. Er ernannte Ed Koch zum neuen Koordinator für die Veranstaltung. „Etwas argwöhnisch fragte mich Dietrich Schippel“, erzählt Ed Koch, „warum setzen sie sich so für den Rocktreff ein?“ Meine Antwort: „Weil die Veranstaltung einfach gut ist!“ Am 23. und 24. August 1997 fand der 14te Rocktreff im Hockeystadion des Volksparks Mariendorf statt. Strahlender Sonnenschein verzauberte den Platz das ganze Wochenende lang. Und Dietrich Schippel war an beiden Tagen von Anfang bis zum Ende dabei. Das Spielfest war, von einer Ausnahme abgesehen, nunmehr Bestandteil der Gesamtveranstaltung. Erstmalig konnten über 10.000 Besucher an beiden Tagen gezählt werden.

Doch die nächsten Probleme warfen ihre Schatten voraus. Das Hockeystadion sollte einen neuen Rasen erhalten, ein Kunstrasen, der Veranstaltungen wie den Rocktreff künftig unmöglich machte. Geradezu verzweifelt wurde ein neues Gelände gesucht. Der damalige Schulstadtrat Ekkehard Band (SPD) half seinem CDU-Kollegen und stellte das Gelände der ehemaligen Carl-Zeiss-Schule in Lichtenrade zur Verfügung. 1998 und 1999 stand die Rocktreffbühne auf dem Ackerland, das von der Schule übrig geblieben war. Besser als gar kein Rocktreff, aber eben suboptimal.

Warum nicht wieder ins Fußballstadion, dort, wo alles 1984 begann? Dietrich Schippel ließ einen Lautsprecherwagen von der Rock-Ini zusammenbauen und testete persönlich die Schallverhältnisse im Stadion. Ergebnis: Der 17te Rocktreff am 24. und 25. Juni 2000 fand wieder im Fußballstadion statt. Dietrich Schippel nahm an der Veranstaltung nur noch als Gast teil, denn er hatte sich zuvor aus Tempelhof verabschiedet und war jetzt Sozialstadtrat in Neukölln. Der neue Stadtrat hieß Klaus-Ulrich Reipert, der Ed Koch noch aus den guten alten Bungalow-Zeiten kannte. Reipert hielt am Rocktreff und am Koordinator fest. Vor allem übernahm er das Finanzierungsmodell, das Schippel und Koch 1998 vereinbart hatten. Die Finanzierung erfolgte nicht mehr aus dem regulären Haushalt, der unter anderem von Sperrungen betroffen sein kann, sondern aus Zuwendungen des Jugendamtes, die eine sicherere Basis darstellen. Somit kam ein neuer dritter Träger neben Jugendamt und Rock-Ini dazu, nämlich der gemeinnützige und als freier Träger anerkannte Verein CPYE e.V., der sich vornehmlich mit Jugendbegegnungsreisen beschäftigt. Der Verein ergänzte seine Satzung und ist seitdem Zuwendungsempfänger für das Projekt Spielfest & Rocktreff.

Im Jahre 2001 wurden in Berlin aus 23 Bezirken 12. Tempelhof und Schöneberg bildeten einen neuen Bezirk. Vorerst änderte sich nichts. Reipert blieb Stadtrat und der Rocktreff fand am 16. und 17. Juni wieder im Fußballstadion des Volksparks Mariendorf statt. Mit Schöneberg gewann der Rocktreff nicht unbedingt mehr Freunde im Jugendamt und in der Bezirksverordnetenversammlung. „Kenn ich nicht, will ich nicht“, schien bei einigen die Devise zu lauten. 2001 brach die Große Koalition aus CDU und SPD auf Landesebene zusammen, was für die Bezirke auch Neuwahlen bedeutete. Klaus-Ulrich Reipert musste zum Jahresbeginn 2002 sein Amt aufgeben und wurde durch die Schönebergerin Angelika Schöttler (SPD) ersetzt.

Sie ließ sich am 22. und 23. Juni 2002 vom Spielfest und Rocktreff überzeugen und wehrt seitdem alle Angriffe ab. Und die gab es leider reichlich, vor allem aus der Grünen Fraktion der BVV. Nicht von allen, aber von einigen besonders lautstarken, die natürlich – trotz Einladung – nie zum Rocktreff gekommen sind. CDU, SPD und FDP, und die PDS, hielten zum Rocktreff. Dennoch, jedes Jahr müssen alle wieder die Daumen halten und hoffen, dass die Finanzierung sichergestellt wird. Längst decken die 9.200 Euro Zuwendung des Jugendamtes (etwa ½ Prozent der Gesamtsumme an Zuwendungen an freie Träger im Bezirk) nur die Hälfte der tatsächlichen Kosten. Die ehrenamtliche Leistung der Rock-Ini, das kostenlose Auftreten der Musiker und die Unterstützung von Schülerinnen und Schülern des OSZ KIM (Kommunikations-, Informations- und Medientechnik) kann man in Euro und Cent nur schwer beziffern.

Der Sponsoringbeauftragte des Jugendamtes und frühere Koordinator des Rocktreffs, Fred Tille, wirbt einen Teil der notwendigen Sponsorengelder ein. Ein weiterer wesentlicher Teil kommt von dem Caterer, der die Besucher mit Speisen und Getränken versorgt. „Wir drehen jeden Cent dreimal um, bevor wir ihn ausgeben“, sagt Ed Koch. „Besonders ärgerlich ist die Position GEMA, die allein bis zu 10% der Zuwendungssumme für die musikalischen Aufführungsrechte haben will“, rechnet Koch vor. „Jeder Künstler soll seine Tantiemen bekommen, jedoch bei einer Veranstaltung wie dieser, bei freiem Eintritt, allein knapp 1.000 Euro dafür ausgeben zu müssen, ist hart und steht in keinem Verhältnis.“

1984 begann alles an einem 15. September. Später ging man in den August und ist 1999 im Juni gelandet. Seit 2003 gibt es das Spielfest und den Rocktreff sogar an drei Tagen über Pfingsten. 2005 war Pfingsten so früh, dass noch Spiele im Fußballstadion stattfanden. Dennoch wollte man bei den drei Tagen bleiben und begann erstmalig das Fest an einem Freitag. In diesem Jahr nun steht wieder Pfingsten im Plan. Der Karneval der Kulturen hat dem Rocktreff nichts ausgemacht. Viele Menschen kamen nach dem Karneval zum Rocktreff oder gingen anschließend dorthin. In Berlin finden ohnehin zur selben Zeit hunderte von Veranstaltungen statt. Da ist der Rocktreff eben nur ein Event von vielen, aber ein besonders schönes.

Die Arbeit des Koordinators findet im Vorfeld und nach der Veranstaltung statt. „Es ist unglaublich, wie viele Anträge man an unterschiedliche Stellen richten muss“, beklagt Koch. „Acht verschiedene Ämter und Stellen sind mit unserem Rocktreff beschäftigt, da sind Jugendamt, Jugendhilfeausschuss und BVV noch gar nicht mit einbezogen. Um in das Stadion zu kommen“, so Koch, „müssen wir mit unseren Fahrzeugen knapp 50 Meter vom Andlauer Weg, einen Sandweg entlang, durch den Park fahren. Natürlich brauchen wir dafür eine Genehmigung. Den Rocktreff muss es unbedingt weiterhin geben, “ betont Koch, „um die Arbeitsplätze in den Genehmigungsbehörden zu sichern.“

Und wie lange will er noch den Koordinator spielen? „Man muss sich heutzutage Kurzzeitziele setzen. 2008 findet, so es gelingt, der 25ste Rocktreff statt. Ein Jahr später heißt es dann: 25 Jahre Rocktreff und ich werde 60. Spätestens dann sollte ich mal überlegen, ob ich als Rock-Opa weitermachen will. Wenn ich mich allerdings im von Personalabbau betroffenen Jugendamt umschaue, werde ich wohl bis zur totalen Vergreisung mitmachen müssen, weil es keinen Nachfolger geben wird. Dann müssen mich Tommi Müller und Andie Kraft eben mit dem Rollstuhl auf die Bühne schieben…..“

Die Schirmherrschaft über den Rocktreff 2006 hat der Vorsteher der Bezirksverordnetenversammlung, Rainer Kotecki, übernommen. Hoffen wir, dass er bei seinem Besuch den Schirm zu Hause lassen kann.



  
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