Willkommen bei PaperPress Jugendpolitischer Pressedienst
suchen  
Hauptmenü  

Online  
Es sind 25 Besucher und 0 _MEMBER0 online..

Anmeldung

Sprachen  
Sprache auswählen:


  

Das Thema des Jahres 2010

geschrieben von: Redaktion am 04.12.2010, 20:41 Uhr
paperpress586 
Es gibt kein vergleichbares Thema, über das im zu Ende gehende Jahr 2010 so lange, intensiv, kontrovers und verlogen diskutiert und berichtet wurde wie über den Dienstwagen von Harald Ehlert. Zu einem Zeitpunkt als die meisten Journalisten, die von Februar bis jetzt immer wieder versuchen, neue Aspekte der „Maserati-Affäre“ zu entdecken, Harald Ehlert überhaupt nicht kannten, haben sich schon Thomas Loy, Autor des TAGESSPIEGEL, und der Herausgeber dieser Publikation, Gedanken darüber gemacht, welchen luxuriösen Migrationshintergrund ein Dienstwagen eines gemeinnützigen Sozialunternehmers haben darf. Auf Seite 3 des TAGESSPIEGEL berichtete Thomas Loy am 22. Dezember 2008 ausführlich über den Geschäftsführer der Treberhilfe gGmbH. Dabei kommt die Betrachtung der zwanzigjährigen erfolgreichen Geschichte der Treberhilfe nicht zu kurz. Loy stellt aber eben auch die Frage „Darf man das: Sozialarbeit leisten und teure Autos fahren?“ Inzwischen hat Ehlert zigmal erzählt, dass der Maserati preiswerter als ein Audi war. Das interessiert bis heute niemanden. Als einzige Publikation hat paperpress damals auf den TAGESSPIEGEL-Artikel reagiert und bei den Recherchen festgestellt, dass alle aus Politik, Sozial- und Jugendhilfe, die Ehlert kennen – nicht gerade wenige – auch von dem Maserati und der Flotte weißer BMWs wissen, mit denen leitende Mitarbeiter der Treberhilfe durch die Stadt fuhren und bis heute fahren. „Als Dienstwagen einer gemeinnützigen Organisation ist dieser Fahrzeugtyp jedoch ziemlich ungewöhnlich“, stand in paperpress am 24.12.2008, womit der Maserati gemeint war. „…es geht um das Erscheinungsbild“, schrieben wir. Nun, heute wissen wir, dass der Maserati eine Provokation sein sollte, die gänzlich in die Hosen ging. Ehlert hat sich dafür entschuldigt, womit die Sache immer noch nicht erledigt ist, weil es stets nur vordergründig um den Maserati ging. Viele haben nach den Veröffentlichungen Ende 2008 den Kopf geschüttelt und gefragt, was soll das? Passiert ist nichts. Erst als es Ehlert nicht bei der einen Provokation belassen wollte, sondern die Fachöffentlichkeit und die Politik mit seinem Rendite-Projekt „Social-Profit“ schockte, begann die Affäre, auch gern Skandal genannt. Wobei der eigentliche Skandal das ist, was aus der Affäre gemacht wurde.
Beim Sommerfest der Treberhilfe am 3. Juli 2009 stellte Ehlert das „Social-Profit“-Projekt erstmals vor. paperpress war die einzige Publikation, die darüber berichtete. Die rund 500 beim Sommerfest anwesenden Politiker, Vertreter der Sozialbranche sowie der Jugend- und Sozialverwaltungen schluckten lieber das Freibier auf der Werderschen Bismarckhöhe und lie-ßen sich von einem grandiosen Feuerwerk verzaubern, als darüber nachzudenken, dass es ein Kriterium für staatliche Zuwendungsgeber sein könnte, welchen Nutzen ihr finanzielles Engagement der Allgemeinheit bringt.

Niemand der Gäste dachte auf dem Nachhauseweg an „Social-Profit“, sondern nur daran, ob er genügend Kopfschmerztabletten zu Hause habe, um den unvermeidlichen Kater, der sich am nächsten Tage einstellen werde, zu bekämpfen. Es gab eine Ausnahme. Wir. Wir haben nämlich keinen schweren Kopf mit nach Hause geschleppt, sondern den Zwischenbericht des „Social-Profit“-Projektes und berichteten ausführlich darüber. Der Sommer ging zu Ende, eben-so Herbst und Winter. Noch im Sommer fuhr – wer auch immer – mit dem Maserati zu schnell. Ein Fahr-tenbuch sollte angelegt werden, Harald Ehlert zeigte sich zickig, Anfang 2010 stand ein Gerichtstermin an.

Zwischenzeitlich lag die „Social-Profit“-Studie vor. Und zwischenzeitlich hatte die Treberhilfe wieder einige Ausschreibungen für sich entschieden, wenn auch einige andere verloren. Das immer weiter aufstrebende Unternehmen schien nicht mehr aufzuhalten zu sein. Die Branche war in Sorge. Denn Ehlert handelte nicht wie einer dieser vielen verpeilten Sozialarbeiter, sondern wie ein Unternehmer. „In Ehlerts Zahlenwelt“, schreibt der TAGESSPIEGEL am 22.12.2008, „geht es um Zuwendungen und Entgelte, um Kostenübernahmen, Kreditierungen und Liquiditätsreserven. Stolz ist der Boss auf seine Treberbank, ein Institut, das Bedürftigen Mieten und sonstige Hilfsgelder vorstreckt.“

Ehlert hatte das Angebot des Staates angenommen. Der Staat hat sich aus der aktiven Jugend- und Sozialhilfe, die durch eigene Mitarbeiter gewährleistet wurde, zurückgezogen und freien Trägern dieses Feld überlassen, das viele sehr bald als Markt erkannten. Gewährleistet wurde nur noch die Finanzierung der gesetzlich vorgeschriebenen Hilfen. Vor 15 Jahren wurde das bis dahin geltende Kostenersatzprinzip auf eine Entgeltfinanzierung umgestellt.

Zuerst erschien mir der Vergleich zwischen einer Straßenbau- und einer Sozialhilfemaßnahme ein wenig Menschenverachtend zu sein. Bei längerem Überlegen sind diese Zweifel jedoch gewichen. Der Staat als größter Auftraggeber kauft eine Straßenbaumaßnahme ebenso ein wie eine Sozialhilfemaßnahme. Beschreibung der Maßnahme, Ausschreibung, Zuschlag an den günstigsten Anbieter, Ausführung, Qualitätskontrolle. Obwohl seit Februar 2010 mehrfach versucht, sind alle Vorwürfe, die Qualität der Arbeit der Treberhilfe in Zweifel zu ziehen, gescheitert.
Am 12. Februar 2010 stellte Harald Ehlert im Rahmen einer großen Veranstaltung die „Social-Profit“-Studie vor. Viele der Anwesenden erinnerten sich schwach an das Sommerfest am 3. Juli 2009, als dieses Thema erstmals präsentiert wurde. Neben paperpress waren nur wenige Pressevertreter anwesend, berichtet wurde kaum etwas, abgesehen von vier Seiten in paperpress Nr. 454 vom Februar 2010. Zitat: „In Berlin wurden 2009 1,4 Milliarden Euro an die rund 1.400 freien Träger in der Stadt überwiesen, um damit Menschen in Notlagen zu helfen. Der Markt ist groß, jeder will rein, keiner will raus. Das könnte sich, wenn das Social-Profit-Rechenmodell allgemein verbindlich würde, bald ändern. Und so prognostizierte der SPD-Landes- und Fraktionsvorsitzende Michael Müller eine ‚dramatische Veränderung der Trägerlandschaft’“.

Das ist als Reaktion auf die Veranstaltung tatsächlich erfolgt. Die Sozialbranche hatte von Ehlert die Nase voll. Plötzlich wussten alle Medien von der acht Monate zurückliegenden Geschwindigkeitsübertretung eines Maseratis, der auf die Treberhilfe zugelassen war. Und plötzlich entwickelte sich eine Medienkampagne nie zuvor gekannten Ausmaßes. Alle Tages- und Wochenzeitungen, Print- und elektronische Magazine hatten nur noch ein Aufregerthema, nämlich Ehlerts Maserati. Bis heute sind die Pressekonferenzen der Treberhilfe äußerst gut besucht, keiner traut sich zu fehlen. Als 2008 das neue Haus für Wohnungslose an der Osloer Straße eingeweiht wurde, in das die Treberhilfe zwei Millionen Euro investiert hatte, erschien lediglich ein Journalist einer Bezirkszeitung. Heute schicken die Medien ihre Investigations-Experten zu den Pressekonferenzen.

Zum damaligen Zeitpunkt hätte Harald Ehlert einen klugen Medienberater gebraucht. Ehlert machte Fehler über Fehler, verprellte die Presse und kam von seinem hohen Ross nicht runter. Bis heute hat sich wenig daran geändert. Auf einer Pressekonferenz am 3. Dezember entschuldigte er sich (endlich) für den Maserati, erzählte aber völlig unbefangen davon, dass er privat wie eh und je einen Jaguar fahre. Überschrift bei Morgenpost-Online eine Stunde nach der Pressekonferenz: „Ex-Treberhilfe-Chef Ehlert fährt jetzt Jaguar!“ Ehlert kann immer und immer wieder versuchen, den Journalisten irgendetwas zu erklären. Über seine über zwanzigjährige erfolgreiche Arbeit, in der 20.000 Biografien in neue Bahnen gelenkt wurden, liest man wenig, aber welche Fahrzeuge Ehlert mag, ist immer eine Schlagzeile wert. Der Berliner Kurier hat Ehlert richtig gefressen, was durchaus Gründe hat, die hier nicht hergehören. Den Nickname „Maserati-Harry“ verpasste ihm der Kurier. Zwar stehen auch in dem Bericht über die Pressekonferenz am 3.12.2010 der Maserati und der Jaguar an vorderster Stelle, aber – fast wehmütig – schreibt der Autor: „Ehlert macht es sich selbst und seinen Zuhörern wieder einmal schwer. Selbst wenn man seine Arbeit und sein Enga-gement für Obdachlose positiv werten möchte, zerstört Ehlert jeden Hauch von Sympathie mit seiner Großkotzigkeit.“ Als Beispiel werden die Ausführungen über alle möglichen Automarken genannt. „Kein Wort der Entschuldigung fand Ehlert gegenüber den Angestellten der Treberhilfe, die am meisten unter seinen Eskapaden gelitten haben.“

Über all die Vorwürfe, üppiges Gehalt und Dienstvilla, die der Affäre immer weiter Nahrung gaben, ist schwerlich etwas zu sagen, denn sie sind Gegenstand von immer noch nicht abgeschlossenen Ermittlungen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts auf Untreue, das Finanzamt prüft, ob die Gemeinnützigkeit der gGmbH berührt ist und eine Kommission der Senatsjugend- und -sozialverwaltung prüft, ob bei der Treberhilfe alles mit rechten Dingen zuging. Für den Herbst 2010 waren Ergebnisse versprochen worden. Inzwischen liegt Schnee.

Der Fortgang der Geschichte nach dem Bekannt werden der „Maserati-Affäre“ ist in allen Archiven nachzulesen. Allein die Berichterstattung in paperpress umfasst inzwischen rund 200 DIN-A-4-Seiten.

Reden wir aber mal über ein paar Punkte, die einer Klarstellung bzw. Bewertung bedürfen.

Vertrauen

Sozialsenatorin Carola Bluhm (Linke) begründet den Entzug der Zuwendungen für die Straßensozialarbeit der Treberhilfe für 2011, rund 700.000 Euro, am mangelnden Vertrauen. Vier Geschäftsführer in einem Jahr. So einem Unternehmen könne man nicht ver-trauen. Abgesehen einmal davon, dass die für die Zuwendungen zuständige Mitarbeiterin der Treberhilfe ihren Job seit 17 Jahren macht, hat sich die Senatorin für die Geschäftsführer einer Gesellschaft nicht zu interessieren. Die Treberhilfe gGmnH gehört unverändert zu 50 Prozent dem Treberhilfe e.V. und Harald Ehlert. Mehr Kontinuität kann man nicht verlangen.

Wie sieht es aber mit dem Vertrauen in die Senatorin aus? Sie hat sich einer Strafanzeige, die seinerzeit Diakonie-Vorstand Thomas Dane stellte, angeschlossen, ohne selbst über irgendwelche Erkenntnisse zu verfügen. Wozu? Eine Strafanzeige wird nicht dadurch gewichtiger, dass sich eine Senatorin dieser anschließt. Vor dem Gesetz sind alle gleich. Außerdem kann es nicht Aufgabe einer Senatorin sein, Strafanzeigen zu stellen. Sie hat bei vermuteten Unregelmäßigkeiten bei Zuwendungen oder Entgelten andere Möglichkeiten der Prüfung. Außerdem liegt bis heute nichts gegen die Treberhilfe im Bereich der Zuwendungen vor.

Carola Bluhm und ihr Staatssekretär Rainer Maria Fritsch haben sich mehrfach unangemessen kritisch über die Treberhilfe geäußert. Und das alles aufgrund ihrer bis heute durch nichts bewiesenen Verdächtigungen. Wie gesagt: die Prüfungen laufen. Bluhm und Fritsch sind nicht einmal in der Lage, die Prüfungen ihrer Verwaltung zu einem Abschluss zu bringen. Bluhm und Fritsch haben Mitarbeitern der Treberhilfe Unterstützung bei einem Trägerwechsel angeboten. Maßen sich Bluhm und Fritsch hier nicht Zuständigkeiten an, die sie gar nicht haben?

Kann man Vertrauen in eine Senatsverwaltung haben, deren Senatorin am 30.11.2010 um 19.35 Uhr in der Berliner Abendschau regelrecht Freudentänze auf-führt, weil es ihr gelungen ist, eine Bundesratsinitiative zur Verbesserung der Kontrollmöglichkeiten der freien Träger auf den Weg zu bringen – alle 16 Bundesländer haben zugestimmt - Jubel. Jubel. Jubel. – und deren Staatssekretär rund 15 Stunden später im Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses erklärt: Der eingeschlagene Weg, über den Bundesrat für mehr Offenheit zu sorgen, führt offenbar auch in eine Sackgasse. Denn obwohl sämtliche Bundesländer dem Berliner Gesetzesvorhaben zustimmten, befürchtet Fritsch nun, dass das Gesetz ‚auf die lange Bank geschoben wird’. Es gebe entsprechende Anzeichen vonseiten der Bundesregierung, dass die Sache in dieser Legislaturperiode (Ende voraussichtlich 2013, Anm.d.Red.) nicht mehr im Bundestag entschieden wird.“ (Quelle: Berliner Morgenpost vom 2.12.2010)?

Antwort: Nein. Zu solchen Leuten kann man doch ernsthaft kein Verrauen haben. Und was Staatssekretär Fritsch anbelangt, so darf man zu einem Mann kein Vertrauen haben, dessen frühere Mitarbeiter im Bezirksamt Mitte, wo Fritsch Jugendstadtrat war, den 16.11.2009, als Fritsch in die Sozialverwaltung wechselte als „Tag der Befreiung von Bezirksstadtrat Fritsch“ ausriefen. In einem entsprechenden Aufruf, der paperpress vorliegt, berichten die Mitarbeiter sehr anschaulich, was sie von ihrem früheren Chef halten.

Wenn es um Vertrauen geht, sind Bluhm und Fritsch die völlig falschen Leitbilder.

Über Vertrauen, das man zur Diakonie haben kann, wollen wir gar nicht erst reden. Diese hat massiv versucht, die Treberhilfe in eine Auffanggesellschaft zu überführen. Dazu hat sie die „Neue Chance gGmbH“ gegründet, einhundertprozentig im Eigentum der Dia-konie. Jetzt wurde die „Neue Chance“ an eine gGmbH verkauft. Rund 60 Mitarbeiter, die meisten übergelaufen von der Treberhilfe, sind dort beschäftigt. Die „Neue Chance“ soll jetzt gemeinsam mit Gangway e.V. die Straßensozialarbeitsprojekte fortführen, die bislang die Treberhilfe betreute. Wie bekannt, will die Treberhilfe mit eigenen Mitteln ihre Projekte fortführen. Dieser Konflikt wird ab dem 1. Januar 2011 die Öffentlichkeit weiterhin beschäftigen.

Entgelte

Die Begriffe purzeln immer wieder durcheinander. Genauso die Konstruktionen der freien Träger. Durchaus üblich, rechtens und sinnvoll ist die Konstruktion, dass zuerst ein gemeinnütziger Verein gegründet wird. Diesem darf man Gelder spenden und erhält dafür eine Spendenbescheinigung, die man mit seiner Steuererklärung dem Finanzamt einreicht und rund ein Drittel der Spendensumme erstattet bekommt. Das hängt natürlich von den anderen noch geltend zu machenden Positionen in einer Steuererklärung ab. Die Spendengelder müssen, und das überprüft regelmäßig das Finanzamt für Körperschaften, dem Satzungszweck des Vereins entsprechend ausgegeben werden. Durch Spendengelder kann ein Verein im Regelfall nicht reich werden. Die freien Träger haben völlig Recht, wenn sie die Kontrollmöglichkeiten, die sich Frau Bluhm beschaffen wollte, ablehnen. Denn wer einem gemeinnützigen Verein etwas spendet, geht nur den Spender und dem Verein etwas an. Natürlich weiß das Finanzsamt wer wem etwas gespendet hat, das unterliegt jedoch dem Steuergeheimnis. Einer Senats- oder Bezirksverwaltung gehen die Spender einen feuchten Kehricht an.

Die gemeinnützigen Vereine können zur Durchführung bestimmter Jugend- oder Sozialhilfeleistungen gemeinnützige oder gewerbliche GmbHs gründen. Die Annahme, gemeinnützige GmbHs müssen keine Steuern zahlen, ist Unsinn. Vor allem müssen sie die Mehrwertsteuer auf alles bezahlen, was sie erwerben. Sie sind lediglich von der Körperschaftssteuer befreit. Körperschaftssteuer muss auf die Gewinne einer Kapi-talgesellschaft gezahlt werden. Gemeinnützige Gesellschaften dürfen keine Gewinne, aber Überschüsse erzielen. Diese müssen dem Zweck der gGmbH gemäß verwendet werden. Das heißt aber auch, dass gGmbHs wie GmbHs für die Durchführung ihrer Tätig-keit Geld ausgeben können, unter anderen natürlich für die Gehälter der Beschäftigten. Es gibt keine Begrenzung, nicht bei der gGmbH und auch nicht bei der GmbH über die Höhe der Geschäftsführergehälter. Frau Bluhm ist bislang die Antwort auf die Frage schuldig geblieben, wie hoch denn höchstens die Gehälter sein dürfen? Was ist der Maßstab? Ehlert richtete sich nach eigenen Angaben an die Praxis der Berliner Eigenbetriebe. Und was deren Geschäftführer verdienen, kann sich sehen lassen. Für Harald Ehlert macht es keinen Unterschied, ob er Obdachlose betreut oder ein anderes mit Steuergeldern finanziertes Unternehmen Kultur anbietet.

Bei GmbHs ist es üblich, dass eine Privatperson, oder mehrere, diese gründen und finanzieren. Damit gehört ihnen die GmbH. Meistens sind sie selbst in dieser tätig und zahlen sich ein Geschäftsführergehalt. Eigentümer und Geschäftsführer sind also häufig identisch. Das ist auch bei gGmbHs so. Nicht nur bei der Treberhilfe.

Die Begriffe Zuwendung und Entgelte geraten oft durcheinander. Zuwendungen werden für bestimmte Projekte bezahlt. Diese werden eingereicht, geprüft, für gut befunden und finanziert. Anschließend erfolgt auf den Cent genau die Abrechnung. Oft bringen die freien Träger Eigenleistungen durch Personal oder Sachmittel ein. Die Verwendung der Mittel wird peinlich genau geprüft. Mit Zuwendungen kann kein Träger reicht werden, ganz im Gegenteil.

Bei den Entgelten sieht es anders aus. Irgendjemand hat einen Rechtsanspruch auf eine Jugendhilfeleistung. Diese muss erbracht werden. Die Bezirke haben für alle denkbaren Maßnahmen und Bereiche freie Träger mit denen sie Verträge abschließen. Für die Leistung des Trägers wird ein Entgelt bezahlt - bemühen wir noch einmal das Beispiel mit dem Straßenbau – es wird die vereinbarte Summe an das betreffende Unternehmen bezahlt. Damit ist rechtlich gesehen, das Geld Eigentum des Trägers. Natürlich muss mit dem Geld die Maßnahme gemäß den Qualitätsvereinbarungen durchgeführt werden. Was der Träger allerdings seinen Mitarbeitern oder Geschäftsführern bezahlt, geht den Entgeltzahlern nichts an. Ihnen vorschreiben zu wollen, nach welchen Tarifen sie ihre Mitarbeiter bezahlen müssen und welchen Dienstwagen die Geschäftsführer fahren dürfen, ist nicht umsetzbar. Die steuerrechtliche Prüfung findet durch das Finanzamt für Körperschaften statt. Und dieses allein entscheidet, ob sich die Gemeinnützigkeit mit dem Geschäftsgebaren in Einklang befindet oder nicht. Die Diakonie hat sich ja im Falle Treberhilfe angemaßt, selbst entscheiden zu dürfen, was gemeinnützig ist und was nicht. Ein unglaublicher Fall von Kompetenzüberschreitung einer sozialen Dachorganisation.

Das Gezeter der Politiker in Senat, Abgeordnetenhaus und Bezirken über den so genannten Treberhilfe-Skandal ist an Verlogenheit nicht zu überbieten. Der Staat hat in den letzten zwanzig Jahren so ziemlich alles an Jugend- und Sozialhilfeleistungen an freie Träger übertragen und stellt nun fest, dass er mehr Kontrolle ausüben müsste, weil ein Geschäftsführer eines Verbandes mit einem Maserati durch die Gegend fuhr. Meine ohnehin ausgeprägte Politikverdrossenheit hat sich seit Februar 2010 Tag für Tag ver-schlimmert. Festzuhalten bleibt, dass wir ein hervorragendes soziales Netz an freien Trägern in Deutschland haben. Diese Träger leisten Tag für Tag eine Arbeit, für die der Staat kein eigenes Personal mehr beschäftigen will, weil es ihm zu teuer ist. Die Sozialbranche ist inzwischen in Deutschland zu einem der wichtigsten Wirtschaftszweige geworden. Hier gilt die Marktwirtschaft, auch bei den kirchlichen Verbänden. Wenn man bei denen über Geld spricht, wird das Kruzifix mal eben abgehängt. Die Kritiker des Systems müssen sich nicht einbilden, Heilig gesprochen zu werde, sondern nur Scheinheilig.

Fortsetzung folgt.

Ed Koch

  
Anmeldung  




 


Registrierung

Impressum  
p a p e r p r e s s
Ed Koch (Herausgeber und verantwortlich für den Inhalt)
Träger: Paper Press Verein für gemeinnützige Pressearbeit in Berlin e.V.
Vorstand: Ed Koch - Mathias Kraft
Postfach 42 40 03
12082 Berlin
Email: paperpress[at]berlin.de
PDF-Newsletter-Archiv:
www.paperpress-newsletter.de

Diese WebSite wurde mit PostNuke CMS erstellt - PostNuke ist als freie Software unter der GNU/GPL Lizenz erh�ltlich.