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Träume zum Jahresende

geschrieben von: Redaktion am 29.12.2019, 09:36 Uhr
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Da es keinen familiären Opa mehr gab, habe ich vor zwanzig Jahren die Aufgabe übernommen, sozusagen die „Ehrenopawürde“ für das Kind eines eng befreundeten Ehepaars zu übernehmen. Und als das Kind dann sprechen konnte, hieß die Ansage „Opa Ed.“ Ich habe das inzwischen erwachsene Kind nun gebeten, den Opa wegzulassen, und mich nur noch mit dem Vornamen anzusprechen. Bei einem anderen eng befreundeten Ehepaar habe ich bei der Geburt ihres Kindes gleich für eine klare Sprachregelung gesorgt. Nur Ed, nicht Opa und vor allem nicht Onkel. Das Kind kann inzwischen auch sprechen und freut sich, wenn Ed erscheint.

Warum erzähle ich das? Weil Opa und Oma inzwi-schen Schimpfworte sind, Harald Martenstein nannte sie in einer Tagesspiegel-Kolumne „Das neue Feindbild!“ „Warum reden uns die Großeltern ei-gentlich immer noch jedes Jahr rein? Die sind doch eh bald nicht mehr dabei“. Diese wahre Aussage trafen Fridays-for-Future-Aktivisten. Später ent-schuldigten sie sich dafür, warum bloß? Klugschei-ßerei von alten Menschen ist unerträglich, aus ihren Lebenserfahrungen Nutzen zu ziehen, bleibt aber nur den toleranten Kindern und Jugendlichen vorbe-halten.

Ob Angela Merkel oder Queen Elizabeth, alle sind beeindruckt von der FFF-Generation. Eigentlich sagen sie ja nicht mehr, als dass wir alle auf die Wissenschaft hören sollten. Sieht man sich den letz-ten Klimagipfel in Madrid an, wird einem sehr schnell klar, dass nicht die Wissenschaft die Debatte bestimmt, sondern die Politik. Für Realitätsverwei-gerer wie Donald Trump ist der Klimawandel oh-nehin nur eine chinesische Kampagne zum Schaden der amerikanischen Wirtschaft. Selbst wenn der Potomac-River das Weiße Haus weggespült haben wird, würde das zu keinem Umdenken in den USA führen. Zur Wahrheit gehört allerdings auch dazu, dass, würden alle Forderungen der Klimaaktivisten erfüllt, die Weltwirtschaft zusammenbräche. Die Welt wird nie wieder so sein wie vor rund 300.000 Jahren, als die Geschichte der Menschheit begann. Was jetzt noch bleibt, ist Schadensbegrenzung. An-statt diese intelligent zu gestalten, beherrscht Hys-terie die Szene.

Der Westdeutsche Rundfunk kann einen Kinder-chor sein Eigen nennen. Und dieser überraschte mit einem gar fröhlichen Ständchen zu den Klängen des Klassikers „Meine Oma fährt im Hühnerstall Motor-rad.“ Während es im Original mit den Worten wei-tergeht: „Meine Oma ist ’ne ganz patente Frau“, hat der WDR-Kinderchor diese Zeile ausgetauscht in: „Das sind tausend Liter Super jeden Monat. Meine Oma ist ‘ne alte Umweltsau“. Es wird noch schlim-mer, Zitat aus der Martenstein-Kolumne: „An ande-rer Stelle singen die Kinder: ‚Meine Oma brät sich jeden Tag ein Kotelett. Weil Discounter-Fleisch so gut wie gar nix kostet. Meine Oma ist ‘ne alte Um-weltsau‘. Zum Finale hört man die Stimme von Greta Thunberg, die auf Englisch sagt: ‚Wir wer-den euch nicht damit davonkommen lassen.‘ Die Kinder bewegen dazu synchron die Lippen.“ Meine persönliche Lieblings-Strophe ist aber die folgende: „Meine Oma fährt mit 'm SUV beim Arzt vor, über-fährt dabei zwei Opis mit Rollator, meine Oma ist ‚ne alte Umweltsau.“ Sie verstehen nun hoffentlich, warum ich von niemand Opa genannt werden möch-te. Der WDR hat übrigens das Lied gelöscht. Satire sollte der WDR nicht Kindern überlassen, sondern den bewährten Protagonisten der „Mitternachts-spitzen“.

Träumen wir also in 2020 davon, dass nicht in acht Jahren, wie uns die CarbonClock am EUREF-Gasometer in Schöneberg anzeigt, die Schadstoff-Aufnahmefähigkeit der Atmosphäre erschöpft sein wird, sondern sinnvolle Maßnahmen das verhindern. Träume hat auch Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke). Sie hofft, dass juristisch über den „Mietendeckel“ schnell und vor allem in ihrem Sinne positiv entschieden wird. Den Mietern hat sie schon mal geraten, das eingesparte Geld durch aus-bleibende Mieterhöhungen nicht zu verprassen, son-dern zurückzulegen, sollte die Sache doch schief gehen. Sie selbst hat sich zum Jahresende schon mal klar für den Fall des Scheitern positioniert. „Wenn das Verfassungsgericht das Gesetz komplett ablehnt, wäre das für mich kein Rücktrittsgrund.“ „Und wenn die Begründung lauten werde, dass kei-ne Landeskompetenz bestehe, dann müsse man eben über den Bundesrat aktiv werden und seine Bemühungen auf Bundesebene verstärken“, träum-te die Senatorin der Deutschen Presseagentur vor. Und Morgenpost-Chefredakteurin Christine Rich-ter fragt: „Wo sind nur die Politiker geblieben, die für ihr Handeln Verantwortung übernehmen?“ Auch Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) wird am Ende des Tages nicht wegen der versenkten Maut-Millionen zurücktreten.

Hätte Vize-Kanzler und Finanzminister Olaf Scholz (SPD) zurücktreten müssen, als ihm seine Partei-mitglieder den Vorsitz verweigerten? Schwere Fra-ge. Immerhin steht er in der Skala der zehn wich-tigsten Politiker im Politbarometer des ZDF auf dem dritten Platz, hinter Bundeskanzlerin Angela Mer-kel (CDU) und dem sympathischen Grünen Dampf-plauderer Robert Habeck, weit vor den anderen „wichtigen“ Spitzenpolitkern. Den letzten Platz auf der Liste verteidigt übrigens die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer tapfer. Olaf Scholz kommt offenbar beim Wähler besser an als in seiner eigenen Partei. Bei einer möglichen Kanz-lerkandidatur wird ihm das nichts nutzen. Kevin Kühnert, dessen Anrede inzwischen die von sozia-listischen Staatsführern weit übertrifft – stellvertre-tender Bundesvorsitzender der Sozialdemokrati-schen Partei Deutschlands, Vorsitzender der Jungso-zialisten in der SPD, Mitglied der Bezirksverordne-tenversammlung von Tempelhof-Schöneberg und Vorsitzender der SPD-Abteilung Lichtenrade-Marienfelde – hat auf die Frage in einem Interview mit dem „Kölner Stadtanzeiger“, was er von den Spekulationen hielte, dass „Olaf Scholz trotz seiner Niederlage beim Mitgliederentscheid um den SPD-Vorsitz noch Kanzlerkandidat werden könne“, ge-sagt: „Feiertage sind ja dazu da, die Fantasie anzu-regen. Das will ich Ihnen nicht nehmen.“ Mit „Ihnen“ meinte er natürlich den Fragesteller, erteilte aber gleichzeitig möglichen Wunschträumen von Olaf Scholz eine klare Absage.

Und da wir gerade in der Abteilung Träume sind, äußerte sich Kevin Kühnert auch gleich zu der Fra-ge, ob die SPD denn überhaupt einen Kanzlerkan-didaten bräuchte. „Die politische Landschaft ist volatil (Anm.d.Red.: statistisch schwankend), Sprünge nach oben und unten sind jederzeit mög-lich“, sagte Kühnert dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Annegret Kramp-Karrenbauer wird selbst in den eigenen Reihen nicht ernst ge-nommen. Dem kann man als SPD etwas entgegen-setzen“, so Kühnert weiter. Was AKK entgegenge-setzt wird, wissen wir nun: Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans.

Die beiden sind nicht einmal 100 Tage im Amt, da werden sie schon von den Medien zerfleddert. So schlägt Johannes Boie, Chefredakteur der „WELT AM SONNTAG“ eine Netflix-Serie mit dem Titel „Saskia und Norbert“ vor. „Während Saskia Esken gegen kritische Medienberichte vorgeht, kommt Norbert Walter-Borjans mit politischen Ideen, die längst umgesetzt sind. Die neuen SPD-Vorsitzenden liefern gerade erstklassigen Stoff für eine neue Er-folgsserie, die auf Netflix laufen könnte.“

Der 35 oder 36 Jahre alte Politprofi Boie sollte erst einmal an seiner Vita arbeiten, ehe er sich auf ande-re stürzt. Bei Wikipedia findet man derzeit folgen-den Hinweis auf der Seite von Boie: „In diesem Artikel oder Abschnitt fehlen noch folgende wichtige Informationen: keinerlei Angaben zu Lebensdaten. Hilf der Wikipedia, indem du sie recherchierst und einfügst.“

Kommen wir noch einmal zurück zu Kevin Kühnert und der Frage nach einem Kanzlerkandidaten. „Be-vor die SPD einen Kanzlerkandidaten nominiere, müsse sie eine politische Stärke haben, die das rechtfertige, betonte Kühnert.“ „Bei 13 oder 14 Pro-zent ist die Schwelle sicher nicht erreicht. Es sollte schon in Richtung 20 Prozent gehen, wenn man ernst genommen werden will. Ich halte das für höchst realistisch.“

Wenn man ernst genommen werden will, sind 20 Prozent sicherlich realistisch. Zwischen dem 3. und 24. Dezember schwankten die Werte bei acht Mei-nungsforschungsinstituten zwischen 13 und 15 Pro-zent. Bei Forsa hatte die SPD letztmalig einen Wert von 20 Prozent im Januar 2018. Bei der Forschungs-gruppe Wahlen gab es 20 Prozent von April bis Juni 2018 und im Dezember 2017 sogar 23 Prozent. Das längste Hoch fand bei Emnid statt, von September 2017, also kurz nach der Wahl (20,5%) bis Februar 2018 waren es immer zwischen 20 und 22 Prozent. Seitdem ging es aber überall bergab. Gerechter Weise muss man sagen, dass bei allen Instituten die Union aus CDU und CSU letztmalig im Mai 2019 eine 3 als erste Ziffer zu stehen hatte. Bei der Wahl 2017 waren es ohnehin nur magere 32,9 Prozent. Derzeit bewegt sich die Union zwischen 27 und 28 Umfrage-prozenten. Nur die Grünen haben einen Lauf nach oben, von 8,9 Prozent zur Wahl im September 2017, auf rund 22 Prozent aktuell. Im September 2019 waren es sogar mal 27 Prozent.

Da die Wähler ohnehin nicht die Kanzlerin oder den Kanzler direkt wählen können, würde es ausreichen, wenn die Parteien mit Spitzenkandidaten anträten. Selbst wenn eine Partei die Wahl gewinnt, ist das noch lange nicht die Eintrittskarte ins Kanzleramt. Andere Koalitionen können einen anderen Regie-rungschef im Bundestag wählen, was alles schon passiert ist.

Was sich zeigt, ist, dass sich die Parteien inzwischen auf ihre Stammwählerschaft reduziert haben. Das macht Regierungsbildungen überall auf der Welt so schwierig. Die Macht liegt bei den Wechselwählern und den Nichtwählern. Sie entscheiden aber auch nur über die Rangliste. 2017 war vor allem die AfD Profiteur von der Wählerwanderung. 1,2 Mio. Nichtwähler und 690.000 aus der Rubrik „andere“ wanderten zur AfD. Während FDP und Grüne mit je 40.000 vergleichsweise wenige Wähler an die AfD abgeben mussten, waren es bei der Linken 400.000 und bei der SPD sogar 470.000. Am meisten musste die Union 2017 bluten, fast eine Million ihrer Wähler liefen zum Rechtsaußenrand über. Diese Wähler von der AfD zurückzugewinnen, ist fast unmöglich. In einer InfoRadio-Diskussion gab Brandenburgs Wirt-schaftsminister Jörg Steinbach (SPD) unumwun-den zu, dass er viele Wähler dieser Partei gar nicht mehr argumentativ erreiche. Träume auf eine bes-sere Zeit könnten also 2020 schnell zu Albträumen werden.

Ed Koch

  
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