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Gib mir den Himmel zurück

geschrieben von: Redaktion am 20.09.2017, 08:27 Uhr
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Natürlich ist zum Thema Tegel alles gesagt worden. Jeder hat eine Meinung dazu, egal ob er in Lichten-rade, Zehlendorf oder Neukölln wohnt. Die Bewohner dort haben mit Tegel kein Problem. Sie quälen sich einmal im Jahr zum TXL, fliegen nach Malle und alles ist schön. Die Pankower, Reinickendorfer und Spandauer, die die ankommenden und abfliegenden Flugzeuge nicht nur sehen, sondern auch hören, bewerten das anders. Über die Zukunft von rund 300.000 vom Fluglärm betroffenen Menschen entscheiden am 24. September alle wahlberechtigten Berliner. Das ist mein größtes Problem mit diesem Volksentscheid. Dass FDP und CDU den Volksentscheid hochstilisieren zu einer Abrechnung mit der Politik des Rot-Rot-Grünen Senats, ist die zweite Schwachstelle dieses Volksentscheids. Es geht um die Offenhaltung oder Schließung eines Flughafens, nicht um ein Misstrauensvotum gegen die Landesregierung. Diese Landesregierung kommt nach der neuesten Infratest dimap-Umfrage vom 12. September im Auftrag des RBB und der Berliner Morgenpost übrigens immer noch auf 54 Prozent der Stimmen, während CDU und FDP bei 30 Prozent fest hängen.
Gestern fand in der Urania wohl die größte Tegel-Diskussion statt. Gut 1.000 Interessierte nahmen auf Einladung des Tagesspiegels und des RBB daran teil. Der RBB hat die Veranstaltung aufgezeichnet und sendet den Mitschnitt heute um 22.15 Uhr.

Neben dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller und Wirtschaftssenatorin Ramona Pop, nahmen Matthias Brauner für die CDU und der Initiator des Volksentscheids, FDP-Fraktionsvorsitzender Se-bastian Czaja teil. Den Fragen von Tagesspiegel Chefredakteur Lorenz Maroldt und Anna Kyrieleis vom RBB stellte sich auch der ehemalige Präsident des Berliner Verfassungsgerichtshof Helge Sodan. Er hielt ein Referat über die rechtliche Lage des Vor-gangs. Nach seiner Ansicht können alle Verträge zwischen Berlin und Brandenburg gekündigt und neu verhandelt werden. Berlin könne auch einseitig aus-steigen und Tegel offen halten, egal, was die Bundesregierung und das Land Brandenburg dazu sagen. Nicht erwähnt hat er allerdings, was so ein Vor-gehen für Folgen haben könnte. Eine ganze Schar von Rechtsanwälten steht bereit, um in diesem Fall Berlin und andere mit Klagen zu überziehen, deren Ausgang äußerst ungewiss ist. Problematisch ist es immer, wenn ein Jurist einem anderen vorwirft, dessen Arbeit sei nicht gut genug. Sodan kritisierte das Gutachten des Verwaltungsrechtsexperten Reiner Geulen, das er im Auftrag des Senats erstellt hat. Geulen kommt in seinem Gutachten zu dem Schluss: „Auch wenn der Berliner Senat ein Verfahren zur Offenhaltung Tegels beginnen würde, könnte der Flughafen nur bis zur Eröffnung des BER weiterbetrieben werden.“ Für Sodan geht das Gutachten nicht genug „in die Tiefe“. Außerdem stehe in Gutachten immer das drin, was der Auftraggeber hören wolle. Das Verhalten von Sodan, vor einem sicherlich nicht ausreichend rechtskundigem Publikum, die Erkenntnisse aus der Arbeit eines Kollegen zu negieren, ist schon ziemlich dreist. Zu allem, was Sodan an diesem Abend von sich gab, gibt es genügen andere Juristen, die zu anderen Einschätzungen kommen. Gutachten und persönliche Meinungen von Juristen hören sich, je nachdem, wer sie hören möchte, gut an, haben aber keine Relevanz. Letztlich entscheiden die Gerichte, was Recht zu sein hat.

Begonnen hatte die Tegel-Diskussion am 19. September schon vor dem Kranzler am Kurfürstendamm. Von dort aus zog eine Demo bis zur Abschlusskundgebung vor die Urania. Die Schauspielerin Jasmin Tabatabai und der Grünen Politiker Jürgen Trittin, beide wohnen in der Einflugschneise von Tegel, sprachen zu den Demonstranten. An der Urania war der Hinweis auf eine Veranstaltung, einen Tag nach der Wahl, zu sehen: „Mythos Burn-Out.“ Schauen wir mal, wie viele Wahlkämpfer dieses Thema am 25. September nötig haben.

Die Aussagen auf den Plakaten der Tegel-Gegner waren eindeutig, von „Gib mir den Himmel zurück“, bis „Danke Tegel, es reicht.“

Hätte die Tegel-Frage in der Urania entscheiden werden können, wäre die Diskussion beendet gewesen. Alle Besucher erhielten am Eingang einen grünen und einen roten Zettel. Grün für Offenhaltung, Rot für Schließung. Es wurden, wenn auch knapp, mehr rote als grüne Zettel nach oben gestreckt.

Müssen wir noch über die Debatte sprechen? Nein. Wie gesagt, nichts Neues. Die beiden Lager stehen sich unversöhnlich gegenüber. Den Befürwortern einer Offenhaltung sind die Anwohner ziemlich egal. Sie haben ohnehin ab 2019 das Recht auf Schallschutz, womit alle Probleme gelöst sind. Die Frage, wie man allerdings einen Kleingarten schallisoliert oder einen Balkon, wurde nicht beantwortet.

Schade war, dass es Filmeinspielungen aus der Abendschau gab, die überwiegen Pro-Tegel berichteten. Das hätte ausgewogener sein können. Dass es Leute gibt, die am Flughafen wohnen, und nur mit Fluglärm einschlafen können, weil sie sonst etwas vermissen würde, ist schon ziemlich merkwürdig.

Besonders erfrischend war der Auftritt des CDU-Politikers Matthias Brauner, der in Spandau beheimatet ist. Trotz Mitgliederentscheids seiner Partei Pro-Tegel, ist er nach wie vor gegen die Offenhaltung. Brauner dokumentierte damit die Uneinigkeit, die in der Union zu diesem Thema herrscht. Aus Sicht der CDU war Brauner bei dieser Diskussion eine Fehlbesetzung. Hier hätte Monika Grütters sitzen müssen. Sie befand sich aber zeitgleich in einer RBB-Diskussionsrunde der Spitzenkandidatinnen von Berlin und Brandenburg. Florian Graf, der CDU-Fraktionsvorsitzende hatte sicherlich auch einen anderen wichtigen Termin. Die CDU hat die Chance verpasst, Müller, Pop und Czaja einen, von der Funktion her, angemessenen Politiker an die Seite zu stellen.

Czaja merkte, dass er in der Urania keinen Blumentopf gewinnen kann. Auf ihn konzentrierten sich die meisten Buh-Rufe der Gegner und auf Frau Pop die der Befürworter. Recht gut kam der Regierende Bürgermeister beim Publikum weg, sicherlich auch, weil seine Beiträge sehr sachlich waren. Er verwies immer wieder darauf, welch Potenzial in der Entwicklung des Tegel-Areals stecke. Czaja tat dieses Argument erneut damit ab, dass es viele andere Flächen in Berlin gebe. Die Antwort von Müller, dass diese auch entwickelt werden, man Tegel aber zusätzlich benötige, verhallte bei Czaja im luftleeren Raum.

Immer wieder versuchten Czaja und Brauner vom Tegel-Thema abzulenken. Wer den BER nicht fertig-bekommen, zu dem habe man auch kein Vertrauen, dass er den Standort Tegel entwickeln könne. So einfach ist die Welt der Argumente.

Nachdem Michael Müller, Ramona Pop und Klaus Lederer einen Brief an alle Berliner geschickt haben, in dem sie ihre Position den Ryanair-FDP-Plakaten entgegenstellten, haben die drei nun auch ein Video produziert.

https://www.youtube.com/watch?v=xBDYrrdRiog&feature=youtu.be

Ich finde es äußerst gelungen, möchte aber auch die Meinung von Björn Seeling vom Tagesspiegel nicht unter den Tisch fallen lassen, der es mit Loriots Sketch „Ein Klavier, ein Klavier“ verglich. Wenn das R2G-Video genauso oft gesehen wird wie der Sketch von Loriot, haben die Macher ihr Ziel erreicht.

Ed Koch

  
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