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Politiker erzählen Märchen

geschrieben von: Redaktion am 06.11.2016, 17:42 Uhr
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Wir würden uns natürlich niemals trauen, so eine Überschrift zu verwenden. Da sie aber genauso über einer Pressemitteilung des Abgeordnetenhauses steht, müssen wir kein schlechtes Gewissen haben. Es geht hier nicht um Zitate aus der künftigen Koalitionsverhandlung, sondern tatsächlich um Märchen. „Unter dem Motto ‚Dornröschen erwacht …!‘ stehen in diesem Jahr Märchen und Geschichten im Fokus, die von Mädchen und Frauen handeln. Die vielen weiblichen Märchen- und Sagengestalten kennen wir als Königinnen und Prinzessinnen, als Hexen und Feen oder als Nixen, Mägde oder Kräuterfrauen.“ Da muss man sich ja sehr zusammenreißen, um nicht vor dem geistigen Auge Bilder von Politikerinnen zu den jeweils genannten Berufsbezeichnungen entstehen zu lassen.

„Die märchenhafte Frauenfigur in Literatur, Kunst, Politik und Wirtschaft zeigt sich vielschichtig und bietet reichlichen Anlass zu ausgiebigen Interpretationen. Wir kennen sie alle, die Märchen von Schneewittchen, von Aschenputtel und Dornröschen, von Frau Holle oder Rotkäppchen. Märchen und Sagen gehören zu den meist erzählten und berühmtesten Geschichten auf der ganzen Welt.

Silke Fischer und Monika Panse haben 2004 ‘Märchenland-Deutsches Zentrum für Märchenkultur‘ gegründet, um das Märchen als Kulturgut im Bewusstsein der Bevölkerung zu verankern. Der Verein organisiert jedes Jahr in ganz Europa mehr als 1.500 Veranstaltungen. Ziel ist es, das Märchen als Weltkulturerbe in verschiedensten Veranstaltungsforma-ten zu präsentieren. In diesem Rahmen das größte Festival sind die Berliner Märchentage, die traditionell im November stattfinden und 2016 über 800 Veranstaltungen aufweisen.

In der Lesereihe „Politiker erzählen Märchen“ nimmt auch in diesem Jahr wieder das Abgeordnetenhaus von Berlin teil. Alle Lesungen, bis auf eine, finden in der Wandelhalle des Abgeordnetenhauses statt, und zwar jeweils um 10 Uhr. Am Montag, dem 7. November, liest die SPD-Abgeordnete Dr. Susanne Kitschun; Ines Schmidt von den Linken ist am 8.11. dran, Roman Simon (CDU) wird am 9.11. vielleicht auch etwas zum Wahlausgang in den USA sagen. Märchen oder Wahrheit. Regina Kittler von den Linken liest ihr Märchen am 11.11. kurz vor Karnevals-beginn vor. Am 14.11.2016 ist die Linke Hendrikje Klein dran, am 15.11.2016 der Sozialdemokrat Daniel Buchholz, am 16.11.2016 CDU-Fraktionschef Florian Graf, am 17.11. die Grünen-Fraktionsvorsitzende Antje Kapek, und zuletzt am 18.11. Ramona Pop, für die als einziger der Festsaal reserviert ist. Sie wird ja auch Senatorin, da muss das Ambiente stimmen. Eine Voranmeldung für diese Schulveranstaltungen sind beim Märchenland erforderlich: 28 09 36 03.

Nun noch ein wenig Statistik: Die beiden Veranstaltungen am 3. und 4. November mit eingerechnet, sind die Linken mit vier Märchenerzähler/innen vertreten, die Sozialdemokraten mit drei sowie Grüne und CDU jeweils mit zwei. Die beiden größten Märchenerzählerparteien, FDP und AfD, beteiligen sich nicht. Dabei wäre doch das Märchen von der Offen-haltung des Flughafens Tegel bestimmt spannend oder die Weihnachtsgeschichte über eine Flüchtlingsfamilie in Bethlehem vorgetragen vom AfD-Fraktionsvorsitzenden Georg Padzerski. Der hat aber, laut eines Berichts in der Berliner Morgenpost, andere Sorgen, nämlich ob alles korrekt bei seiner Wahl als Berliner Vorsitzender im Januar zuging.

Koalitionsverhandlungen: Märchen oder Realität?

Was die bislang durchgesickerten Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen betrifft, kann man nur hoffen, dass darunter viele Märchen sind. Der britisch-deutsche Journalist Alan Posener schreibt in der Welt: „Eigentlich müsste es leicht sein, ein Regierungsprogramm für den neuen Senat zu beschließen. Denn jeder Berliner kennt die Probleme der Stadt: die Arbeitslosigkeit, die mit über neun Prozent viel zu hoch ist für eine Großstadt; die öffentlichen Schulen, die Chancenverhinderungsanstalten gleichen und regelmäßig bei bundesweiten Vergleichen am schlechtesten abschneiden; die öffentliche Verwaltung, die überaltert und untermotiviert ist; die Kriminalität, die etwa bei Diebstahl und Gewaltverbrechen die höchste beziehungsweise zweithöchste Rate in Deutschland aufweist; und die Mieten, die in den letzten sechs Jahren um fast die Hälfte, in angesagten Kiezen in den Ortsteilen Kreuzberg und Neukölln sogar um beinahe 100 Prozent gestiegen sind.

Was aber hört man aus den Koalitionsverhandlungen? Vom Verbot sexistischer Werbung ist die Rede, von flächendeckender Parkraumbewirtschaftung und Ausdehnung der Tempo-30-Zonen, von der Verwandlung des Boulevards Unter den Linden in eine Fußgängerzone, von der Cannabis-Legalisierung, der Abschaffung des Probejahrs an Gymnasien, einem Votum gegen das Ceta-Handelsabkommen im Bundesrat. Kurzum: von der Verwandlung Berlins in eine Umerziehungszone für Chauvis und Autofahrer und eine Musterstadt für Gegner der Leistungsgesellschaft. Kann man machen, wenn man bei der nächsten Wahl der AfD zur Mehrheit verhelfen will. Muss man aber nicht.“

„Es wurden sage und schreibe 14 Arbeitsgruppen gebildet, um Vorschläge für die Politik des neuen Senats zu entwickeln. In diesen Gruppen brachten die Experten und Lobbyisten aller drei Parteien ihre Steckenpferde ein: mehr Fahrradwege und billigere Kitas, Coaching für Lehrer, Wohnungen für Flüchtlinge und was der schönen und weniger schönen Dinge mehr am grünen Tisch ausgedacht werden kann“, schreibt Posener.

Und weiter: „Vor allem die Linkspartei meldete täglich ihrer Klientel, was sie hier alles durchgesetzt habe. ‚Bulletpoint für Bulletpoint‘, wie es heißt. Auch wenn die Finanzexperten in der Partei und diejenigen, die gern mehr als nur wenige Jahre mitregieren würden – der frühere Wirtschaftssenator Harald Wolf etwa und sein Bruder Udo – darüber den Kopf schüttelten. Die Grünen und die Linken in der SPD wollten da nicht nachstehen, und so kam es zu einem Wettlauf: Unser Dorf soll schöner werden, jedenfalls grüner, gerechter, gemütlicher.“

Was aber viel schlimmer als diese Wünsch-Dir-Was-Veranstaltung ist, beschreibt Alan Posener so: „Da sitzen sie: 24 Menschen an einem dreieckigen Verhandlungstisch, der von oben wie das Auge Gottes in einem Renaissancegemälde aussieht. Und keiner vertraut dem anderen: ‚Nicht nur, dass sich die Parteien nicht trauen – auch innerhalb der Parteien traut keiner dem anderen‘, sagt einer, der dabei ist.“

Den ganzen Beitrag können Sie unter
https://www.welt.de/politik/deutschland/article159268803/Rot-Rot-Gruen-visionslos-und-von-Misstrauen-zerfressen.html
nachlesen.

In jeder Koalition müssen die beteiligten Parteien versuchen, ihr Profil zu erhalten, wenn es geht, zu schärfen. Das ist bei zwei Partnern schon schwer genug, siehe die vergangene Große Koalition aus SPD und CDU in Berlin, bei dreien ist das fast unmöglich. Genau genommen ist die Koalition auf Bundesebene auch ein Dreierbündnis aus CDU, SPD und CSU. Welche Probleme das bereitet, erleben wir jeden Tag. Da hilft es auch nichts, wenn CDU und CSU versichern, dass sie Schwesterparteien seien. Seit wann lieben sich Schwestern? Was ist das übrigens für ein Zeichen, wenn die CSU ihr neues Pro-gramm „Die Ordnung“ nennt? Weniger ordentlich wird es künftig in Berlin zugehen, wenn drei Parteien das Sagen haben, und da ist nichts mit Schwester- oder Bruderpartei. Der Regelfall in einer Koalition ist, dass die stärkste Partei mehr Mandate hat als der kleinere Koalitionspartner. Das wird bei Rot-Rot-Grün in Berlin anders sein. Zwar ist die SPD stärkste Partei und stellt neben dem Regierenden Bürgermeister vier Senatoren zu je drei von Linken und Grünen, im Parlament verfügt die SPD aber lediglich über 38 Mandate, während Linke und Grüne mit jeweils 27 insgesamt 54 Abgeordnete stellen. Das kann heiter werden.

Warten wir also das Ergebnis der Koalitionsverhandlungen ab und hoffen, dass es Beschlüsse zur Verbesserung der drängenden Fragen, die Alan Posner aufgelistet hat, gibt und nicht weitere Schickimicki-Projekte wie Freigabe von Drogen, Wanderwegen in der Innenstadt und noch mehr Klientelbeteiligung zur Verhinderung des Wohnungsneubaus.

Ed Koch

  
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