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Dies und Das

geschrieben von: Redaktion am 04.07.2020, 07:57 Uhr
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Die Situation bei der Berliner Woche ist viel schlimmer

SPD stellt sich gegen die Grünen

Alles nur ein Traum?
Habe ich Wohnungen gesehen, die es gar nicht gibt?

Das war’s, Herr Luthe

Turmfalken entwickeln sich prächtig

„Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan“
Der Mohr kann umbenannt werden…

Die Situation bei der Berliner Woche ist viel schlimmer

Zwar hat die Berliner Woche mitgeteilt, dass sie ihre „Auflage“ anpasst, dabei aber vergessen zu erwähnen, dass sie auch ihr Redaktionsteam gleich mit anpasst. Sieben freiberufliche Kiezreporter wurden vor die Tür gesetzt, darunter auch Journalisten, die viele Jahre für das Blatt tätig waren. Begründet wurde der Kahlschlag damit, dass sonst die Existenz der Zeitung nicht gesichert werden könnte. Über die Existenz der Mitarbeiter macht sich der Verlag offenbar weniger Gedanken. Die Arbeit wird nun auf die verbleibenden Reporter aufgeteilt, was angesichts der Fülle dessen, was in den Bezirken passiert, kaum zu schaffen sein wird. Künftig soll die Lokalpolitik weniger Beachtung finden, dafür werden mehr „Verbraucherthemen“ behandelt.

Schaut man sich die aktuelle Ausgabe an, so ist der Verbraucherteil schon jetzt sehr hoch, viele Anzeigen, darunter drei ganzseitige. Hinzu kommen die beiliegenden Prospekte von Höffner, Hornbach, Kaufland und Küchen Aktuell. Und wer etwas über Politik erfahren möchte, kann dies einer ganzseitigen Anzeige der CDU entnehmen: „Mit uns wird es kein Zwangsgeld gegen die Berliner geben.“ Es ist ja auch einfacher, wenn die Parteien über sich selbst schreiben, als wenn das Journalisten tun. Angesichts der vielen Anzeigen ist es kaum vorstellbar, dass sich eine Zeitung wie die Berliner Woche nicht rechnet, dazu noch mit 1,3 Mio. Auflage. 200.000 Euro können nach Angaben von Insidern durch die Einsparung der Honorare für die sieben Reporter ein-gespart werden. Das alles ist beim besten Willen nicht nachvollziehbar. Die Lokalberichterstattung in Berlin ist damit weitestgehend tot. Ärgern muss ich mich darüber nicht, wenn nun in meinem Briefkasten keine Berliner Woche mehr zu finden sein wird, denn ich kann künftig auf die Frage, wo ich wohne, stolz sagen dürfen: In der Innenstadt. Denn auch am südlichen Mariendorfer Damm wird die Berliner Woche nicht mehr ausgeliefert.

SPD stellt sich gegen die Grünen

Es hat zwar ein wenig gedauert, aber jetzt hat sich die SPD gegen das Grüne ÖPNV-Zwangsticket offiziell ausgesprochen. Schon am 11. Juni hatte der Regierende Bürgermeister und SPD-Vorsitzende Michael Müller gesagt: „Das geht so nicht!“ Und „Das wird so mit uns nicht umzusetzen sein!“ Heute erklärte Lars Rauchfuß, Mitglied des SPD-Landesvorstands: „Wir wollen im Sinne einer nach-haltigen Mobilitätswende den Umweltverbund dadurch stärken, dass der Umstieg vom Auto zum ÖPNV attraktiver wird. Deshalb setzen wir uns neben einer spürbaren Angebotsverbesserung auch weiter für einen deutlich abgesenkten Jahrestarif im ÖPNV ein. Der richtige Weg dafür ist die schrittweise Einführung eines 365-Euro-Umwelttickets als Standardtarif. Sozial gerechte Klimaschutz- und Mobilitätspolitik verbindet Anreize mit Entlastungen. Ein Pflichtticket lehnen wir dagegen ab!“

„Eine verpflichtende Nahverkehrsabgabe ist für den SPD-Landesverband in zweierlei Hinsicht unsozial: Erstens werden Verkehrsteilnehmende, die vornehmlich zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs sind, ungerechtfertigt belastet. Zweitens ist eine in der kolportierten Höhe zu entrichtende Abgabe für viele Berlinerinnen und Berliner eine nicht zu stemmende finanzielle Belastung. Die SPD Berlin wird stattdessen die Attraktivität des ÖPNV weiter erhöhen – bei den Ticketpreisen und der angebotenen Qualität und Taktung.“ Es zeichnet sich also ab, was der SPD-Fraktionsvorsitzende und vielleicht neue SPD-Chef Raed Saleh bei seiner legendären Boots-fahrt mit Franziska Giffey der taz gesagt hat, nämlich dass die Grünen der Hauptgegner im kommenden Wahlkampf sein werden.

Alles nur ein Traum?

Vorgestern war ich in Marzahn-Hellersdorf und habe mir erzählen lassen, dass hier von STADT UND LAND für 1.000 Menschen Wohnungen gebaut wer-den. Siehe Newsletter von gestern: „Wohnen in Biesdorf.“ Der Bestand der städtischen Wohnbauten-Gesellschaft soll bis 2026 durch Neubau und Ankauf auf insgesamt 55.500 Wohnungen wachsen. Derzeit befinden sich etwa 1.800 Wohnungen im Bau. Konkrete Projekte mit über 3.300 neuen Wohnungen und einem Baubeginn ab 2021 befinden sich in der Planung. Gestern Morgen hatte ich Zweifel daran, überhaupt dort gewesen und diese Informationen bekommen zu haben, denn in der Berliner Morgenpost lautet die Überschrift: „Wohnungsunter-nehmen stellen das Bauen ein.“ Schuld ist natürlich der Mietendeckel, der für Neubauten nicht greift, was aber nur wenige begreifen. Erst beim Lesen des Artikels merke ich Zeile für Zeile, dass der Inhalt nicht das hergibt, was die Überschrift suggeriert.

Der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungs-unternehmen (BBU) hat eine Statistik veröffentlicht. Demnach sind die Mieten weitgehend stabil“ geblieben, „doch am Horizont zeichnen sich für die rund 140 Mitgliedsunternehmen Probleme ab.“ Die Investitionen in Neubau und Sanierung seien gesunken, wegen des Mietendeckels und natürlich Corona. Beim Neubau, wie gesagt, unverständlich, bei den Sanierungen vielleicht nachvollziehbar, auch wenn die entgangenen Einnahmen durch ausbleibende Mieterhöhungen ja kaum ein ausreichender Grund sein können.

Angeblich seien wegen des Mietendeckels 500 Millionen Euro für Investitionen storniert worden. Das Volumen beträgt also nicht mehr 3,2 Milliarden Euro, sondern „nur noch“ 2,7 Milliarden. Und so wer-den weitere Zahlen genannt, die angeblich besorgniserregend sind. Unter dem Strich finden aber weiterhin, im Gegensatz zur Überschrift des Artikels, Neubauten und auch Sanierungen statt. Noch gibt es keine juristische Entscheidung zum Mietendeckel. Sollte der Deckel kassiert werden, darf man sich auf den dann einsetzenden Bau-Boom freuen. Es sei denn, dass auch dies nur ein Traum ist.

„Die Herausforderungen für die Wohnungswirtschaft in Form von bezahlbarem Neubau, der Bewältigung von klimatischem und demografischem Wandel sowie Sicherung des sozialen Zusammenhalts wer-den durch den Mietendeckel immer schwerer zu lösen“, sagte Maren Kern, die Vorsitzende des BBU. Und Reiner Wild vom Berliner Mieterverein sagt: „Nach vielen Jahren kräftigen Mietanstiegs, in dem die soziale Wohnungswirtschaft im Windschatten der renditeorientierten Unternehmen agieren konnten, ist gerade eine Atempause für die Mieter notwendig und auch verkraftbar, zumal Mieterhöhungen nach Modernisierung weiterhin möglich sind.“ Ich zumindest kann mich an die Berichterstattung in den Medien zu Vor-Deckel-Zeiten gut erinnern, und das ist kein Traum. Immer wieder wurde der Senat aufgefordert, etwas gegen die hohen Mieten zu unternehmen. Und kaum macht er es, geht das Gemeckere in die andere Richtung weiter. Ich weiß, nichts ist so alt wie die Zeitung von gestern. (Quelle: Berliner Morgenpost)

Das war’s, Herr Luthe

Der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Marcel Luthe, ist gestern ausgeschlossen worden. Fraktionsvorsitzender Sebastian Czaja sagte: „Der Beschluss ist uns allen nicht leichtgefallen, er war aber notwendig. Wir haben so entschieden, weil eine weitere Zusammenarbeit wegen des zerrütteten Vertrauensverhältnisses für uns nicht mehr möglich ist.“ Nun will Luthe seinen Ausschluss rechtlich prüfen lassen. Das Thema bleibt uns also erhalten. (Q: Tsp)

Turmfalken entwickeln sich prächtig

Auch in diesem Jahr hat sich wieder eine Turmfalkenfamilie hoch oben am Schöneberger Gasometer eingemietet. Fünf Junge haben das Licht er Welt erblickt. Um einen Falken musste sich wieder NaturRanger Björn Lindner persönlich kümmern. Die Falken-Beauftragte des EUREF-Campus, Maria Müller, hat den kleinen Raubvogel in der Naturschutzstation Marienfelde besucht. Er macht sich prächtig, sagt Frau Müller. Bald geht es in die Freiheit, wobei mehr Freiheit als bei Björn Lindner gibt es eigentlich gar nicht. Der Falke sollte seine Zeit dort noch genießen.

„Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan“
Der Mohr kann umbenannt werden…

Hat Friedrich von Schiller (1759-1805) diesen Satz aus seinem Drama „Die Verschwörung des Fiesco zu Genua“ rassistisch gemeint? Auf Anhieb sind keine Spuren zu finden, die das belegen. Seit 313 Jahren gibt es in Berlin Mitte eine Mohrenstraße. Immer wieder war es im Gespräch, sie umzubenennen, geschehen ist bisher nichts. Nach knapp 30 Jahren werden aber die Berliner Verkehrsbetriebe ihre gleichnamige U-Bahn-Station umbenennen.

Unter der Überschrift „Großer Bahnhof für Glinka“ teilte die BVG am 3. Juli mit, die Station der Linie U2 in „U-Bahnhof Glinkastraße“ umzubenennen. Genau genommen liegt der U-Bahnhof eher am Wilhelmplatz als an der Glinka- oder Mohrenstraße. Wer will aber heute eine U-Bahnstation nach einem deutschen Monarchen benennen, dann doch lieber nach einem musikalischen Russen. Auch über Michail Glinka (1804-1857) ist nichts zu finden, was auf Rassismus hindeutet. Der Komponist ist unter anderem Schöpfer dieser „phantastischen Oper“ Ruslan und Ljudmila mit einer der schwungvollsten und schönsten Ouvertüren ever. Ich hoffe, dass sich künftig die U-Bahn an der umbenannten Station die sechs Minuten für diesen musikalischen Leckerbissen Zeit nimmt und ihn uns zu Gehör bringt.

Dass nach dem Fall der Mauer die Station nicht länger den Namen des ehemaligen DDR-Ministerpräsidenten Otto Grotewohl behalten konnte, versteht sich von selbst. Die Straße und der Platz hießen dann wieder nach Wilhelm, nicht aber der U-Bahnhof. Das verstehe wer will. 1991 war eben eine bemerkenswerte Zeit.

„Aus Verständnis und Respekt für die teils kontroverse Debatte um den Straßennamen hat die BVG sich nun entschieden, ihn nicht weiter für die Benennung des U-Bahnhofs zu verwenden. Als weltoffenes Unternehmen und einer der größten Arbeitgeber der Hauptstadt lehnt die BVG jegliche Form von Rassismus oder sonstiger Diskriminierung ab.“ Es leben die Erkenntnisse, die man immer wieder gewinnen kann.

Übrigens: Von 1837 bis 1838 lebte während seines Studiums Karl Marx in der Mohrenstraße 17. Der Satz, „Mohren aller Länder vereinigt Euch“, ist nicht überliefert. Wohl aber Sätze wie diese: „Welches ist der weltliche Kultus des Judentums? Der Schacher. Welches ist sein weltlicher Gott? Das Geld.“ Weiter-hin sind diese Zeilen von Karl Marx überliefert, die einen seiner Konkurrenten als „jüdischen Nigger“ bezeichnen und den eigenen kreolisch-stämmigen Schwiegersohn einen „Negrillo“ und „Abkömmling eines Gorillas“ nennen. Wolfram Weimer, konservativer Publizist und Ex-Chefredakteur von Welt, Focus und Cicero, titelte auf der Webseite von n-tv: „Karl Marx war einer der übelsten Rassisten.“ Vielleicht hat er es deshalb nur ein Jahr in der Mohrenstraße ausgehalten. Quelle: Sächsische Zeitung, Juni 2020

Und zum Schluss der Betrachtung über eine Namensänderung, noch etwas Süßes. Kennen Sie noch den Sarotti-Mohr? Er präsentierte die süßesten Leckereien und war die Markenfigur der Sarotti-Schokoladenfabrik. Und wo wurde sie gegründet? Ja, in der Mohrenstraße. Zum 50sten Firmenjubiläum 1918 wurde die Figur in Anlehnung an den Gründungsort geschaffen. Das Markenzeichen tauchte zum ersten Mal auf Verpackungen in Gestalt von drei Mohren mit Tablett auf. Die Darstellung des Sarotti-Mohren zählt zu der bekanntesten Werbestrategie der ausgehenden Kolonialzeit, in der die bildliche Werbung im Entstehen war. Dabei erfreuten sich bei vielen deutschen Firmen die Abbildungen von Afrikanern, die oftmals zwar für ihre Exotik bewundert, aber auch immer als „Minderwertige“ und „Wilde“ gezeichnet wurden, großer Beliebtheit. Die Exotik sollte die deutsche Bevölkerung im Kaiserreich an ihre Kolonien erinnern, aber auch als Blickfang dienen, um die Kauflust zu steigern.

Der Sarotti-Mohr wurde in den 1960er Jahren durch Fernsehspots zu einer populären Werbefigur, mit der die Marke bis in das 21. Jahrhundert verbunden wird. Er wurde oft kritisiert, da manche in der Figur des Dieners rassistische Stereotype sahen. Erst 2004 wurden daher alle Produkte umfangreich neu-gestaltet, der Sarotti-Mohr wich dem Sarotti-Magier der Sinne. Statt eines Tabletts oder einer rot-blauen Fahne in der Hand wirft die Figur auf einer goldenen Mondsichel Sterne in die Luft, außerdem hat der Magier eine goldene Hautfarbe. Quelle: Wikipedia

Aus dem Negerkuss wurden einst der Mohrenkuss und danach der Schokokuss. Es dauert eben alles seine Zeit. Im Rahmen einer Ausstellung über Kriegsspielzeug fand vor vielen Jahren eine Tauschaktion im Jugendfreizeitheim Mariendorf statt: Panzer gegen Schokoküsse. Kinder sollten ihr Kriegsspielzeug gegen ein paar süße Schokoküsse eintauschen. Ein kleiner rundlicher Junge brachte seinen Plastikpanzer vorbei und verschlang die Schokoküsse. Er war übrigens an diesem Tag der einzige Besucher.

Wie fühlen sich nun die Menschen, die Mohr mit Familiennamen heißen. Zum Beispiel die Nachkommen des Chemikers Gustav Mohr (1839-1909), dem Vorsitzender der Berufsgenossenschaft der Gas- und Wasserwerke, und Direktor der Gasanstalt Potsdam? „Ein weites Feld“ würden Günter Grass und Theodor Fontane sagen. Ich schließe mich an.

Ed Koch

  
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