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Von der Leine gelassen

geschrieben von: Redaktion am 16.11.2018, 11:16 Uhr
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Es ist zum Ritual geworden. Kurz vor Parteitagen der Berliner SPD wird der Redaktionskettenhund des Tagesspiegels in Sachen Müller-Bashing von der Leine gelassen. In mehreren Artikeln versucht Ulrich Zawatka-Gerlach (UZG) zu erklären, warum Michael Müller am ganzen Elend der Sozialdemokratie schuld ist. Über die Erfolge, die Müller für die Stadt einfährt, berichten andere im Tagesspiegel. In ei-nem langen und sehr ausführlichen Gastbeitrag durfte Michael Müller in dieser Woche seine Ansich-ten, Pläne und Erfolge für die Stadt beschreiben. Es widerspricht aber offenbar dem hohen journalisti-schen Anspruch des Tagesspiegels, so einen Beitrag einfach so stehen und wirken zu lassen. UZG musste unbedingt anmerken, dass Müller „chronisch unbe-liebt“ sei. Richtig ist, dass die von Forsa für die Ber-liner Zeitung ermittelte Politiker-Beliebtheitsskala Müller im Mittelfeld sieht. Die Verwendung des Wor-tes „chronisch“ für diese Beschreibung zeigt die gan-ze Verachtung, die aus den Artikeln des Journalisten hervorgeht. Chronisch wird in erster Linie in Zu-sammenhang mit Krankheiten verwendet. So gese-hen, sollte sich UZG selbst einmal fragen, ob seine Berichterstattung irgendetwas chronisches habe.

Warum die Berliner SPD unter Michael abstürzt, erklärt uns UZG heute, kurz vor dem Parteitag. „Die Umfragewerte der Berliner SPD sind desaströs“, das stimmt. „Die Stimmung in der Partei ist mies.“, was eine Folge davon ist. Jetzt kommt wieder UZGs Glaskugel zum Einsatz: „In internen Kreisen gilt Michael Müller als ideenlos und führungsschwach.“ Nicht einmal, wer sich nur am Rande mit der Arbeit des Regierenden Bürgermeisters beschäftigt, kann zu dieser Bewertung kommen.

Auch wenn es die Sache nicht wesentlich besser macht, die Umfragewerte der Berliner SPD liegen immerhin aktuell über zwei Punkten zur Bundespar-tei. Dieser werden nur noch 14 Prozent zugemes-sen. An diesem Wert ist vermutlich auch Michael Müller schuld, wie an allem in der Stadt.

„Die Dreier-Koalition, gemeinsam mit Linken und Grünen, hat der Berliner SPD in den vergangenen beiden Jahren auch nicht geholfen, bei den Wählern wieder besser dazustehen und ein erkennbares poli-tisches Profil zu entwickeln.“, schreibt UZG und hat damit nicht Unrecht. Fast hat man den Eindruck, dass alles, was gut läuft, auf den Konten von Grü-nen und Linken landen und alles andere bei der SPD abgeladen wird. 70,4 Prozent der Befragten seien unzufrieden mit der Arbeit des Senats. Die den Se-nat stellenden Parteien SPD, Grüne und Linke kommen aktuell auf 55 Prozent. Was sagt uns das?

Müller sei kein Charismatiker, weiß UZG. Aber auch ein Showtalent wie Klaus Wowereit ist irgendwann gescheitert. Auch der Lack des vielgelobten Emma-nuel Macron beginnt zu bröckeln. Dass Müller die Menschen nicht mitreißen könne, „versucht er durch Fleiß, Beharrlichkeit und Seriosität im Regierungs-amt auszugleichen.“, schreibt UZG. Müller versucht es nicht, er macht es, mit Erfolg. Aber, er schaffe, so UZG, „kein Vertrauen bei den Bürgern, die sich von Rot-Rot-Grün deutlich mehr erwartet haben.“ Mehr als 55 Prozent?

UZG bescheinigt Müller immerhin, beachtliche Erfol-ge in der Hochschul- und Forschungspolitik, jüngstes Beispiel ist der Siemens-Campus.“ Das ändere aber nichts, schiebt er hinterher.

Warum Grüne und Linke besser dastünden als die SPD, erklärt UZG völlig richtig so: „Beide Koalitions-partner der SPD haben es bei der Regierungsbildung im Dezember 2016 geschafft, Senatsressorts zu erobern, mit denen sie Politik für ihre Anhänger machen können. Die Linken: Soziales und Arbeit, Wohnen und Mieten, nicht zu vergessen eine basis-orientierte Kulturpolitik. Die Grünen: Verkehr und Umwelt, Energie, Justiz und Verbraucherschutz. Die Erfolge sind zwar bescheiden und werden begleitet von hitzigen stadtpolitischen Debatten, aber es reicht, um das eigene Profil zu schärfen.“ Genau. Hier sind wir beim Kernproblem. Grüne und Linke machen reine Klientelpolitik und schöpfen damit die entsprechenden Wählerschichten ab. Man kann sei-ne Stimme nur einmal vergeben. Und wenn man sein Thema bei den Grünen oder Linken gut aufge-hoben sieht, besteht kein Anlass, die SPD zu wäh-len.

Die SPD hat das Problem, nach wie vor Volkspartei zu sein. Bei einer Volkspartei geht es nicht um die Anzahl der Menschen, die eine Partei wählen, son-dern um die gesamte Bandbreite aller Themen und nicht nur einer Auswahl. Die SPD hat mehrere Feh-ler bei der Regierungsbildung gemacht. Das Innen-ressort hätte sie Grünen oder Linken aufdrücken müssen. Ebenso die „Gedöns-Verwaltung“ Schule und Jugend. Die SPD hätte Stadtentwicklung und Wirtschaft für sich reklamieren müssen. Sage mir niemand, dass R2G dann nicht zustande gekommen wäre. Grüne und Linke waren so heiß aufs Mitregie-ren, dass sie sich damit einverstanden erklärt hät-ten. Aber: Hätte, hätte, Fahrradkette.

Kein Artikel von UZG, in dem er nicht Alternativen zu dem ganzen Elend aufbaut, obwohl er schreibt: „Allerdings fehlt derzeit die personelle Alternative (zu Müller). Bundesfamilienministerin Franziska Giffey konzentriert sich (noch) auf die Bundespolitik und Juso-Bundeschef Kevin Kühnert hat an der Lan-des-politik, trotz zeitweise großer Sprüche, das Interesse schon wieder verloren.“ Ist das so? An-geblich „hoffen viele Sozialdemokraten, dass Fran-ziska Giffey bei der nächsten Berliner Wahl Müller ablöst und SPD-Spitzenkandidatin wird?“ Die Berli-ner Parteifreunde merkten, „dass sie etwas verkör-pert, das der wunden sozialdemokratischen Seele guttut: ehrliche Zuwendung gegenüber denen, die vom Leben nicht verwöhnt werden. Lebensnähe und ein Gefühl für die sozialen Fragen der Zeit. Giffey ist gesprächsbereit und streitbar, gewinnt schnell Sym-pathien und gilt als sehr fleißig. Bundesweit hat die SPD nicht viele solcher Talente.“ So beginnt der neue Rosamunde Pilcher-Film über Franzi, Dreh-buch: UZG, Regie Til Schweiger.

Und es gibt noch den „langjährigen Widersacher Müllers“ Raed Saleh, der sich sehr um Frieden und Ausgleich bemüht, „ohne die eigenen Ziele aus den Augen zu verlieren.“ In der RBB „Abendshow“, so ziemlich das schlechteste, was das deutsche Fernse-hen an Unterhaltung zu bieten hat, wich er gestern, trotz mehrfachem Nachhakens des Moderators Mar-co Seiffert der Frage aus, ob und wann er Regieren-der Bürgermeister werden wolle. Stattdessen ging es um die Cannabis-Freigabe, als gehöre dieses Thema zu den wichtigsten Problemen der Stadt. „Seit einer Woche sind wir ganz dicke“, beschrieb Salah sein Verhältnis zu Michael Müller. Das ist doch mal eine Nachricht.

Eingeleitet wurde die Sendung durch Howard Car-pendale, der sich endlosen, teilweise sinnfreien Fra-gen der Moderatoren ausgesetzt sah. Letztlich fand es Britta Steffenhagen schade, nicht ihren BH nach Howard werfen zu dürfen. Carpendale kündigte die „Abendshow“ mit den Worten an „Alles andere ist Pillepalle.“ Das ist nicht ganz richtig, denn, wenn etwas unter Pillepalle zu verstehen ist, dann die „Abend-show.“

Der Auftritt von Raed Saleh in dieser missglückten Mischung als Unterhaltung und Information war grenzwertig, was nicht allein an ihm lag. „Seine zeitweilig wackelige Stellung als Fraktionschef hat er wieder stabilisiert.“, schreibt UZG. Die Revolte ge-gen ihn vom 8. November 2017 war eine dicke Luft-blase, die längst zerplatzt ist. UZG hatte damals Saleh schon abgeschrieben, aber, „In der Partei ist Saleh wieder eine einflussreiche Führungsfigur, als Ombudsmann der Parteilinken und Netzwerker in einem Landesverband, in dem Kreis- und Ortsver-bände ein verwirrendes Eigenleben führen.“ Saleh ist also wieder da, und UZG ermuntert ihn: „Viel-leicht greift er ja doch noch nach dem Parteivorsitz in Berlin – oder sogar nach der Spitzenkandidatur, falls Giffey andere Pläne hat.“ Na dann, gutes Gelingen.

Ed Koch

  
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