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Nonprofit statt "Social Profit"

geschrieben von: Redaktion am 06.03.2010, 08:26 Uhr
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Der Paritätische Wohlfahrtsverband wird aktiv, um noch mehr Schaden von den Sozialunternehmen in Berlin abzuwenden. Es soll ein „Nonprofit Governance Codex“ eingeführt werden. Damit sollen die „internen Kontrollen noch wirksamer gestaltet“ werden. In einer Presseerklärung vom 5. März 2010 heißt es:
„Der PARITÄTISCHE empfiehlt seinen Mitgliedern die Einhaltung eines Nonprofit Governance Codex: Eine wichtige Rolle bei der Kontrolle der gemeinnützigen Verwendung der Überschüssen eines sozialen Unternehmens kommt den internen satzungsgemäßen Gremien zu, also Vorstand, Mitgliederversammlung, Beiräten, Aufsichtsräten, Gesellschafterversammlungen. Im Falle der Treberhilfe und des EJF haben diese Kontrollen offenbar versagt.

Nach Auffassung des PARITÄTISCHEN kommt es darauf an, dass die internen Kontrollorgane von Vereinen und gemeinnützigen GmbHs ihre Aufgaben konsequent und kompetent wahrnehmen – eine besondere Herausforderung für die Ehrenamtlichen, die diese Gremien bilden.

Der Verband hat deshalb vor zwei Jahren eine Empfehlung an seine Mitglieder herausgegeben, sich an einem Nonprofit Governance Codex zu orientieren, der folgende Punkte formuliert:

1. Trennung von Geschäftsführung und Kontrolle, keine personelle Überschneidung dieser Gremien,
2. ausgewogene Machtverteilung zwischen mindestens zwei Organen, abgesichert durch Berichtspflichten und Zustimmungsvorbehalte,
3. kompetente Besetzung der Gremien und Geschäftsführung, abhängig von Organisationsgröße und Tätigkeitsfeldern,
4. bei größeren Organisationen ausdrückliche Zuordnung der strategischen Planung zu einem Gremium,
5. operatives und strategisches Steuerungssystem, das wirtschaftliche und auf das Tätigkeitsfeld bezogene Aspekte berücksichtigt,
6. Transparenz bezüglich interner Verfassung und Gremienbesetzung, Vermeidung von Ämterhäufung, kein unmittelbarer Wechsel von der Geschäftsführung in eine Aufsichtsfunktion, Aufdeckung und Kompensation von Interessengegensätzen, Ausschluss von In-Sich-Geschäften,
7. aktive Informationspolitik gegenüber Gremienmitgliedern mit vor den Sitzungen verschickten Unterlagen zur Tagesordnung und zeitnahem Versand von Protokollen
8. Minderheitenschutz, insbesondere einfache Möglichkeit zur Einberufung übergeordneter Gremien,
9. offensive Informationspolitik gegenüber Gremien und Öffentlichkeit, unter anderem zeitnahe Publikation des Jahresabschlusses einschließlich Geschäftsbericht und Erläuterung von Mittelherkunft und –verwendung
10. Auswahl, Beauftragung und Diskussion mit dem Wirtschaftsprüfer durch ein nicht geschäftsführendes Gremium
11. Sicherung der ideellen Prägung der Organisation

Bei der Aufnahme von Mitgliedsorganisationen prüft der PARITÄTISCHE Wohlfahrtsverband Berlin die Einhaltung dieser Grundsätze. Derzeit steht im Verband die Diskussion an, wie diese Grundsätze weiterhin gesichert werden können bei späteren Veränderungen innerhalb der Organisationen.

In diesem Zusammenhang trifft auch das Anliegen der Sozialsenatorin Carola Bluhm, eine Art Ehrenkodex für soziale Unternehmen zu entwickeln, beim PARITÄTISCHEN auf offene Ohren“.

Es ist gut, wenn jetzt die Sozialunternehmen aktiv werden, anstatt zu warten, bis die Politik handelt. Transparenz ist dabei ein höchst wichtiger Punkt. Und dazu gehört auch u.a. die Veröffentlichung von Gehältern. Bei Sozialunternehmen, die im Regelfall zu über 90 Prozent über Kostensätze aus Steuergeldern finanziert werden, muss auch bekannt sein, was beispielsweise ein Geschäftsführer verdient. Utopische Summen, wie sie jetzt beim Evangelischen Jugend- und Fürsorgewerk bekannt wurden, werden von der Öffentlichkeit nicht akzeptiert. Es kann nicht sein, dass man in jedem Haushaltsplan nachschauen kann, was ein Jugendstadtrat eines Bezirks verdient, aber nicht ein Geschäftsführer einer gemeinnützigen GmbH. Auch das Gehalt von Herrn Ehlert muss endlich veröffentlicht werden.

Außerdem muss darauf geachtet werden, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sozialunternehmen tarifgerecht bezahlt werden. Dazu sind die Einrichtungen von Personalvertretungen unerlässlich. Es ist unerträglich, wenn beispielsweise die städtischen Kindertagesstätten bestreikt werden, während die der freien Träger, weil sie keine gewerkschaftliche Anbindung haben, als heile Inseln in Tarifkonflikten gelten. Das ist – schlicht gesagt – ein Wettbewerbsvorteil für Kitas freier Träger, der nicht länger hinnehmbar ist.

Zu den Vorwürfen, die heute im TAGESSPIEGEL gegen die Treberhilfe erhoben werden, muss unverzüglich Stellung genommen werden. Eine unsoziale Behandlung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Sozialunternehmen ist absolut inakzeptabel.

In einem Beitrag von Eva Kalwa und Thomas Loy im TAGESSPIEGEL vom 6.3.2010 heißt es: „Einen Teil der Anschaffungskosten für den Dienstwagen-Maserati des beurlaubten Treberhilfe-Chefs Harald Ehlert haben seine Untergebenen erarbeitet. Über organisierten Lohnverzicht. In Arbeitsverträgen des Unternehmens wird eine ‚regelmäßige Arbeitszeit’ von 50 Prozent vereinbart. Gleichzeitig verpflichtet sich der Bewerber, ‚in den Zeiten außerordentlichen und erhöhten Betreuungsaufwandes in der Einrichtung für Nacht-, Wochenend- und Bereitschaftsdienste zur Verfügung zu stehen’. Eine Nebentätigkeit ist nur mit Zustimmung der Treberhilfe erlaubt. Urlaub wird für 20 Tage im Jahr gewährt, das ist die gesetzliche Untergrenze.

Die Treberhilfe beschwichtigt. Nur 4,5 Prozent der Mitarbeiter seien 2009 mit 50-Prozent-Verträgen ausgestattet gewesen. Im Durchschnitt erhalte ein Sozialarbeiter ein volles Gehalt von 2.570 Euro im Monat. ‚Der Erfolg der Treberhilfe ist auch ein Erfolg guter Bezahlung’, heißt es in einer Presseerklärung.

‚Eine belegungsabhängig gesteuerte Arbeitszeit’ sei in der Branche üblich, um ‚auf Belegungsschwankungen umgehend reagieren zu können’, erklärt das Diakonische Werk, zu dem die gemeinnützige GmbH der Treberhilfe gehört. Dem widerspricht Oswald Menninger, Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Berlin. ‚Das ist eine Ausnahme.’ Auch bei der Stadtmission, die ähnliche Hilfseinrichtungen wie die Treberhilfe betreibt, sind solche Verträge unbekannt. ‚Die meisten Mitarbeiter haben eine volle Stelle’, sagt Sprecherin Ortrud Wohlwend. Ein ehemaliger Treberhilfe-Mitarbeiter spricht von einem ‚geringen Sockelbetrag’, der bei erfolgreicher Arbeit aufgestockt wurde. Die Treberhilfe beschreibt den internen Karriereweg als ‚Bewährungsaufstieg’.

Die Gewerkschaft Verdi ruft regelmäßig zu Protestaktionen gegen „Hungerlöhne“ im Sozialbereich auf. Die Bindung an die Gehaltsstufen des öffentlichen Dienstes sei längst gefallen, sagt Stefan Thyroke. ‚Obere Grenze ist der Bundesangestelltentarif 2002, nach unten gibt es Abschläge bis 30 Prozent.’ Die Stadtmission zahlt nach Kirchentarif, je nach Erfahrung und Alter von 2.100 Euro brutto für Berufsanfänger bis zu 3.000 für alte Hasen. Wer jetzt neu eingestellt wird, muss aber schon mit erheblichen Abschlägen rechnen.“

Zu lange hat man die steuerfinanzierten Sozialunternehmen gewähren lassen, mit nur wenig effektiven staatlichen Kontrollen. Der Vergleich zwischen einem behördlichen Jugendamt und einem Sozialunternehmen ist kein hinkender. Ein Jugendamt unterliegt ständiger Kontrollen durch alle möglichen Gremien. Öffentlich werden die Haushalte verhandelt, bis auf jeden Cent hinter dem Komma. Bei den Sozialunternehmen scheint sich aber nach der Überweisung von Kostensätzen kaum jemand für die Verwendung zu interessieren. Die vielen Unternehmen, die ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ordentlich bezahlen und auch ansonsten verantwortungsvoll mit dem Geld umgehen, dürfen natürlich nicht unter Generalverdacht gestellt werden. Es sind aber immer die schwarzen Schafe, die die anderen mit beschmutzen. Verbände wie das Diakonische Werk oder der Paritätische Wohlfahrtsverband dürfen nicht nur als Türöffner für steuerliche Futtertöpfe verstanden werden. Diese Verbände tragen auch Verantwortung dafür, dass ihre Mitglieder ordentlich arbeiten. Mir scheint, dass im Falle der Treberhilfe das Diakonische Werk dabei ist, dies zu tun und dass auch der Paritätische verstärkt auf seine Mitglieder schaut.

Ed Koch

Am 5. März 2010 veröffentlichte das Diakonische Werk die nachfolgende Presseerklärung:

„Bezahlung der Mitarbeiter in der Treberhilfe Berlin gGmbH: Der Erfolg der Treberhilfe Berlin ist auch ein Erfolg guter Bezahlung. Ein Sozialarbeiter im Sozialdienst der Treberhilfe Berlin erhielt in 2009 einen durchschnittlichen Bruttoverdienst von 2.570 Euro bei einer Regelarbeitszeit von 39 Wochenstunden. Das Einstiegsgehalt bei Vollbeschäftigung beträgt 2.300 Euro. Mit dem Bewährungsaufstieg erhalten die Mitarbeiter zusätzlich 200 Euro monatlich. Darüber hinaus erhöht sich alle 4 Jahre das Entgelt um 4%. Nach Abschluss der Betriebsvereinbarung erfolgte die Erhöhung erstmalig regelhaft in 2006. Weitere Erhöhungen des Gehaltes sind möglich durch z.B. die Teilnahme an innerbetrieblichen Fortbildungen/Weiterbildungen (23 x 4 Stunden) oder mit dem Abschluss einer Sonderqualifikation. Hier erhält der Mitarbeiter dauerhaft 100 Euro mehr. In 2009 waren durchschnittlich ausschließlich 4,5 % der Beschäftigten mit einer Regelarbeitszeit von 50% beschäftigt.
Mitarbeitervertretung: Nach der Gründung der Treberhilfe Berlin gGmbH im Januar 2006 wurde durch die Geschäftsführung die Einführung einer Mitarbeitervertretung initiiert. In der Personalversammlung am 22.02.2006 wurden die Mitglieder der „Arbeitsgruppe betriebliche Mitbestimmung“ gewählt. Die Mitglieder waren Sozialarbeiter und Verwaltungsangestellte. Die Arbeitsgruppe war mit der Bildung einer Mitarbeitervertretung befasst, jedoch stellte die Arbeitsgruppe aufgrund von mangelndem Interesse auf Seiten der Mitarbeiterschaft die Tätigkeit ein.“



  
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